Girard-Perregaux Constant Escapement - Eine technische Revolution

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La Chaux-de-Fonds, März 2013

Nach fünf Jahren Forschung und Entwicklung: Erfolg für Girard-Perregaux

Es ist eine echte technische Revolution: Bei der ersten Präsentation, als Prototypen des innovativen Mechanismus gezeigt wurden, zeigten sich Experten beeindruckt und erstaunt. Nun kommt das System des Constant Escapement erstmals in dem Werk einer neuen Uhr der Haute Horlogerie-Kollektion von Girard-Perregaux zum Einsatz. Es hatte fünf Jahre der Forschung und Entwicklung auf einem völlig neuen Gebiet bedurft, diese Konstruktion zuverlässig zu machen und damit einen bedeutenden Schritt in der Geschichte der Uhrmacherei zu gehen.

Der Name für dieses neue System bezieht sich auf ein Thema, das als heiliger Gral in der mechanischen Uhrmacherei gilt – und ist gleichzeitig eine Anspielung auf eine der historischen Figuren des Hauses, Constant Girard-Perregaux. Im Mittelpunkt steht das Bestreben, das Uhrwerk mit konstanter Kraft zu versorgen. Um dies zu erreichen, beschreitet die Manufaktur ganz neue Wege.

Das Konzept, das dazu präsentiert und anhand eines funktionierenden Mechanismus vorgestellt wurde, war überraschend, vielversprechend und sogar optisch ansprechend. Allerdings ging es nie um „l’art pour l’art“. Vielmehr versuchte man, ein uraltes Thema traditioneller Uhrmacherei – das Bemühen um Präzision und konstante Leistung – überzeugend zu lösen.

Um die Bedeutung dieser Innovation zu verstehen, muss man einige grundlegende Prinzipien berücksichtigen. Das Herz einer mechanischen Uhr ist das Regulierorgan. Es regelt den Energiefluss vom Federhaus zum Räderwerk und letztlich auch die Geschwindigkeit der Zeigerbewegungen. Ein klassischer Vergleich ist der mit einem Wasserhahn, der die Stärke eines Wasserstrahls regelt.

Der wichtigste Aspekt ist dabei nicht so sehr die Geschwindigkeit dieses Herzschlags, also die gewählte Frequenz, sondern die Regelmäßigkeit der Bewegung. Diese ist wie ein Tanz und kann dreimal oder viermal in einer bestimmten Zeit erfolgen – oder sogar tausend Mal. Das wichtigste ist dabei, diesen Rhythmus selbst über längere Zeit stetig beizubehalten.

Für dieses Problem gab es verschiedenste Lösungen und Systeme, bis sich schließlich die bekannte Schweizer Ankerhemmung bei Armbanduhren als Standard durchsetzte. Leider besitzt dieses System eine Schwachstelle: Es kann nur die Energie weitergeben, die vom Federhaus kommt – und diese nimmt mit der Zeit ab. Die Energie, welche die Präzision der Zeitanzeige beeinflusst, ist am Anfang zu hoch und am Ende zu gering. Eine Kurve – Herausforderung und Fluch für den Uhrmacher – illustriert dieses Phänomen: die Amplitudenkurve. Dies zeigt auch die Winkelverschiebung einer Sprungfeder oder eines Pendels, die am Ende der Laufzeit geringer wird.

Das Prinzip einer Hemmung mit konstanter Kraft ist, dass unabhängig von der Energie, die vom Federhaus kommt, die Hemmung dem Regulierorgan (Unruh) gleichmäßig Energie zuführt. Um dies zu erreichen, musste eine brillante Idee realisiert werden – das Zwischenschalten eines zusätzlichen Elements in die Hemmung, bestehend aus einer extrem dünnen, streifenförmigen Komponente. Dieser Streifen speichert Energie bis zu seinem Grenzwert zur Instabilität. Dann wird die vollständige gespeicherte Energie augenblicklich abgegeben, bevor die gleiche Prozedur wieder von vorn beginnt.

Die Inspiration für dieses System kam von einem Experiment, das man ganz einfach nachmachen kann. Man nimmt ein Zugticket vertikal zwischen Daumen und Zeigefinger. Nun biegt man es, um ein „C“ oder eine offene runde Klammer zu bilden. Übt man nun von der Seite her Druck auf das Material auf, spürt man einen Widerstand – bis hin zu dem Moment, in dem das Ticket auf die andere Seite schnellt und die vorhergehende Form spiegelt. Man kann dieses Experiment auch mit einer Visitenkarte versuchen – das klappt ebenfalls.

Dieses Phänomen ist bekannt als Knickinstabilität, womit man den Übergang von einer Phase der Kompression zu einem gebogenen Zustand beschreibt. Fachleute sprechen von einem Knick unter Kompressionskraft. Bei dem System von Girard-Perregaux ist der dünne Streifen, der aus Silizium besteht, nur so fein wie das Sechste eines Haares. Dennoch hat er die Funktion eines Mini-Energiespeichers. Der Streifen wird zu einem Punkt gebogen, der sich möglichst nah an dem instabilen Zustand des Werkstücks befindet. Dazu muss man nur eine verschwindend kleine Menge an Energie aufbringen – was durch einen Mikro-Impuls des Unruhreifens geschieht. Das ist weniger als bei einer Ankerhemmung. Dann springt der Streifen quasi von einem Zustand in den anderen und treibt dabei den Unruhreif an. Damit kompensiert man die Veränderung der vom Federhaus abfließenden Energie.

Andere Systeme geben eine konstante Kraft über eine gewisse Zeit. Im Gegensatz dazu handelt es sich hier um eine tatsächlich konstante Kraft, da sie sofort und kontinuierlich zugeführt wird. Ein Effekt, der unter Testbedingungen im Labor messbar ist.

Bei der Architektur des Systems entschied man sich für eine symmetrische Doppelkonstruktion. Dies erfolgte nicht aus ästhetischen Gründen, sondern um die Kräfte in der Mitte des Unruhreifens auszubalancieren. Damit vermeidet man an diesem Punkt eine zu starke Beanspruchung und gewährleistet eine freie Bewegung.

Der Streifen ist aus einem Stück mit einem Rahmen gearbeitet, der ihn an beiden Enden hält und eine entscheidende Rolle für die präzise Verriegelung an diesem Kontaktpunkt spielt, an dem der Mikro-Impuls für das Umschlagen der Bewegung stattfindet. Das relativ einfache Prinzip bedarf zur Umsetzung in der Praxis allerdings absoluter Präzision bei der Herstellung. Etwas, das unmöglich wäre ohne den Einsatz des Materials Silizium und die Nutzung neuer Herstellungstechnologien, zu denen das Reaktive Ionentiefenätzen (DRIE – deep reactive ion etching) gehört. Entscheidend war zudem die Partnerschaft mit dem Swiss Electronics and Micro-engineering Centre (CSEM) in Neuchâtel im Schweizer Jura. Experten aus der Uhrmacherei und der Physik führten gemeinsam komplexe Berechnungen aus, um die Eigenschaften des Streifens sowie die verschiedenen Faktoren zu bestimmen, die seine Biegung beeinflussen. Schließlich entschied man sich, die Haltevorrichtung des Streifens aus einem Stück zu fertigen. Er wird quasi schwebend gehalten, so dass hier keine Reibung entsteht – abgesehen von dem Moment, in dem der Impuls weitergegeben wird und der Streifen sich bewegt. Die Energie des Streifens wird direkt zurück auf die Unruh übertragen.

Da es sich bei dem Streifen um das zentrale Element des Constant Escapement handelt, gibt seine Bewegung die Wahl der Frequenz vor: Diese liegt bei 3 Hertz, also bei 21.600 Halbschwingungen pro Stunde. Das muss nicht so bleiben: Bei Experimenten wurden auch andere Frequenzen getestet. In jedem Fall liegt die Herausforderung hier nicht im Bereich der Hochfrequenz.

Die beiden Ankerräder ähneln in keiner Weise denen, die man in einer Ankerhemmung findet. Um die Frequenz von 3 Hertz zu erreichen, haben sie drei Zähne. Bei 4 Hertz würden sie entsprechend vier Zähne benötigen. Das Uhrwerk wurde für eine Gangreserve von mehreren Tagen konstruiert – mit einer linearen Gangreserveanzeige auf dem Zifferblatt, welche die Effektivität der neuen Hemmung bei langen Laufzeiten zeigt. Das Uhrwerk bezieht seine Energie aus zwei parallel geschalteten Federhäusern in einem neuen, patentierten Aufbau: Der Deckel und das Sperrrad bestehen jeweils aus einem einzigen Teil, um die mögliche Stärke zu maximieren. Jede Federtrommel enthält zwei in Serie geschaltete Federn. Dafür wurden zwei Patente eingereicht: Eines selbstverständlich für den Streifen, was schon 2008 geschah, das andere für die Integration von begrenzenden Haltepunkten in dem flexiblen System.

Während sich Silizium bei der Auswahl des Materials für Entwicklung und Fertigung des Streifens als optimal herausstellte, kommen für die Ankerräder auch andere Materialien in Frage. Weitere Teile des Werks bestehen aus Messing und sind schwarz PVD-beschichtet, was für einen modernen Look sorgt. Die Ästhetik des Uhrwerks ist technisch und dreidimensional, zeigt sich aber auch traditionell und verweist sogar auf Typisches von Girard-Perregaux wie die bekannten Uhrwerke mit drei Brücken. Davon ist die modern gestaltete Zifferblattseite inspiriert, während auf der Rückseite zwei pfeilförmige Brücken zu sehen sind.

Ein weiteres beeindruckendes Detail: Bereits bei der Konstruktion des revolutionären Uhrwerks berücksichtigte man den After-Sales-Service: Die gesamte Hemmung ist wie ein Modul ausbaubar und kann von einem spezialisierten Uhrmacher bearbeitet werden.


Die erste Uhr mit dem Constant Escapement

Das einzigartige Uhrwerk mit seiner originellen und innovativen Hemmung sollte von einem Gehäuse in Szene gesetzt werden, das die Leistungen der Technik würdigt, ohne sie zu aufdringlich in den Vordergrund zu stellen.

Daher besitzt die erste mit diesem System ausgestattete Uhr, die beim Launch der Haute Horlogerie Constant Escapement Collection gezeigt wird, ein betont technisches und zeitgenössisches Design. Gleichzeitig nimmt das Modell Bezug auf die typische Designsprache von Girard-Perregaux und die kreative Tradition des Hauses. Das Uhrwerk findet Platz in einem runden, sanft gewölbten Weißgold-Gehäuse mit 48 Millimetern Durchmesser.

Die Hemmung erinnert in ihrer Optik an die Flügel eines Schmetterlings mit dem schwingenden Streifen als Mittelachse. Sie wird gekonnt in Szene gesetzt. Stunden und Minuten werden von einem dezentralen Zifferblatt bei 12 Uhr abgelesen, flankiert von den beiden Energiespeichern, den zwei Federhäusern. Die linear gestaltete Gangreserveanzeige steht bei 9 Uhr.

Der gesamte untere Teil der Uhr stellt das System des Constant Escapement in den Mittelpunkt, die alle Blicke auf sich zieht. Die Hemmung bewegt sich mit einer Frequenz von 3 Hertz beziehungsweise 21,600 Halbschwingungen pro Stunde. Unter dem entspiegelten Saphirglas sind außerdem die drei Brücken zu sehen, für deren Gestaltung Girard-Perregaux bekannt ist und die eine wichtige Rolle in dieser Anordnung spielen.

Das Handaufzugkaliber ist nur 8 Millimeter hoch; das Gehäuse misst 14,63 Millimeter in der Höhe und hat auf der Rückseite ein großes Saphirglasfenster, gehalten von sechs Schrauben. Dies ermöglicht einen beeindruckenden Blick auf die dreidimensionale Konstruktion des einzigartigen Uhrwerks.

Die neue Uhr wird ohne Limitierung in der Haute Horlogerie Collection von Girard-Perregaux angeboten, ausgestattet mit einem handgenähten Alligator-Lederband mit Faltschließe.


Girard-Perregaux Constant Escapement Technische Beschreibung

Gehäuse aus poliertem Weißgold mit entspiegeltem Saphirglas

Durchmesser: 48 mm

Lünette: kreisförmig satiniert, innen fein satiniert

Uhrglas: gewölbtes, entspiegeltes Saphirglas

Krone: Weißgold mit graviertem GP-Logo

Zifferblatt: versilbert mit gekörntem Finish und rhodinierten Appliken

Zeiger: Dauphine

- Stunden und Minuten: satiniert, schwarz galvanisiert mit diamantpolierten Kanten

- Zentralsekunde: mattschwarz galvanisiert

- Gangreserve: rhodiniert und poliert

Gehäuseboden: Saphirglas, verschraubt mit 6 Schrauben, handgravierte Inschriften

Wasserdicht: bis 3 atm


Girard-Perregaux Kaliber MVT-009100-0007

Mechanisches Handaufzugwerk

Maße: 17½ ’’’

Frequenz: 21.600 Halbschwingungen pro Stunde (3 Hz)

Gangreserve: etwa eine Woche

Lagersteine: 28

Zahl der Werkkomponenten: 271

Funktionen: Stunden, Minuten, Zentralsekunde, lineare Gangreserve


Schwarzes Alligatorlederband

Faltschließe


Referenz: 93500-53-131-BA6C



DIE WICHTIGSTEN FAKTEN ZUM CONSTANT ESCAPEMENT

- Ein revolutionäres Konzept: Im Mittelpunkt steht die Wirkung von konstanter Kraft, was so etwas wie ein heiliger Gral der Uhrmacherei ist. Ein Durchbruch im Bereich der Chronometrie mit komplett neuer Architektur und Konstruktion der Hemmung. Für die Neuentwicklungen wurden drei Patente beantragt.

- Beispiellose Präzision: Ein Sieg über das Problem der nachlassenden Kraft in traditionellen mechanischen Uhren, da dem Gangregler gleichmäßig Energie zugeführt wird. Dies sorgt für eine konstante Amplitude und Geschwindigkeit.

- Innovative Materialien und fortschrittliche Technologie. Einsatz einer 14 Mikrometer starken, klingenförmigen Komponente mit entscheidender Bedeutung für die Konstruktion. Das Einzelteil ist sechsmal dünner als ein menschliches Haar.

- Lange Gangreserve mit linearer Anzeige, vermutlich durch den Einsatz eines innovativen Doppelfederhauses (Patent angemeldet). Die Zugfedern sind insgesamt drei Meter lang.

- Spektakuläres, avantgardistisches Design, inspiriert von der Tradition von Girard-Perregaux.


WIE GIRARD-PERREGAUX DEN KLANG DER ZEIT VERÄNDERT

Die Amplitude, die Präzision sowie der Takt eines mechanischen Uhrwerks werden durch die Analyse seines Klangs gemessen. Das Ticken einer mechanischen Uhr, das durch das Aufschlagen der Rubin-Paletten des Ankers auf den Stahlzähnen des Ankerrads in der Schweizer Ankerhemmung entsteht, wird von elektronischen Geräten abgehört und analysiert.

Durch die revolutionäre Konstruktion des Constant Escapement können diese Geräte nicht eingesetzt werden. Das macht es nötig, zur Messung der Präzision des Uhrwerks Laser-Kameras einzusetzen.

Oder, poetischer ausgedrückt: Man kann den Unterschied einfach hören – durch einen ganz neuen Klang, den das Constant Escapement erzeugt.


CSEM – Partner für Innovation:

Das Centre Suisse d' Electronique et de Microtechnique (Schweizer Zentrum für Elektronik und Mikrotechnolgie, kurz CSEM) bietet seinen Partnern technologisches Know-how, Erfahrung in der Herstellung und fortschrittliche Verfahren. Damit unterstützt man innovative Neuerungen. Dies macht das CSEM zu einem idealen Partner für Girard-Perregaux und ergänzt deren uhrmacherische Fachkenntnisse und Erfahrung perfekt. Dies gilt insbesondere für die mikrotechnologische Herstellung von hochpräzisen, dreidimensionalen Siliziumkomponenten.

Silizium hat genau die richtigen Eigenschaften, die für die Konstruktion des Constant Escapement von Girard-Perregaux erforderlich sind. Kein anderes Material könnte dies leisten. Denn die Charakteristiken von Silizium sind bei der Umsetzung des Konzepts von Girard-Perregaux unverzichtbar. Das Herstellungsverfahren DRIE (Deep Reactive Ion Etching) für Silizium-Komponenten ermöglich die Herstellung von extrem komplexen Formen in unnachahmlicher Präzision, was bei der Konstruktion ein großes Maß an Freiheit verleiht. Silizium ist leicht und nicht magnetisch, besitzt einen ausgezeichneten Reibungskoeffizienten und benötigt daher keine Schmiermittel. Zudem hat es eine hohe Elastizitätsgrenze und ermüdet nicht.