Olmützer Kunstuhr

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Olmützer Kunstuhr

Olmütz Hauptplatz,Rathaus und Dreifaltigkeitssäule

Olomouc / Olmütz Tschechische Republik.


Geschichte

Abbildung Olmützer Kunstuhr am 22. Mai 1898 im Lexikon der Uhrmacherkunst,
Abbildung 1
Astronomische Uhr in Olmütz heute (2008).
Abbildung 2
Rekonstuktion der Astronomische Uhr in Olmütz am 28. Oktober 2008.
Abbildung 3

Die astronomische Uhr in der Rathausnische am Stadtplatz zu Olmütz wurde im 15. Jahrhundert von dem Uhrmacher Anton Pohl, gebürtig in Sachsen, angefertigt. Nachdem er im Jahre 1419 die Rathausuhr am Altstädter Ring in Prag vollendet hatte, kam er nach Olmütz und begann mit der Herstellung der Olmützer Kunstuhr. Im Jahre 1422 wurde sie fertiggestellt und feierlichst der Öffentlichkeit übergeben, die Uhr kostete der Stadt 156 Schock Prager Groschen oder 93 1/2 Mark Silber.

Mit der Zeit jedoch verfiel das Werk und wurde erst wieder in den Jahren 1572 bis 1575, also etwa anderthalb Jahrhunderte nach der ersten Anlage von Hans Pohl, Uhrmacher aus Oels Schlesien, gestorben zu Olmütz, im Jahre 1584, einem Urenkel des ersten Meisters, unter Leitung des Astronomen und Wissenschaftlers Pavel Fabricius wieder hergestellt. Sie blieb dann im geordneten Gang, bis sie gelegentlich der Anwesenheit der Schweden in Olmütz 1642 - 1650 auf längere Zeit hindurch verwüstet und verdorben wurde. Elf Jahre später, und zwar im Jahre 1661 wurde dann das Kunstwerk von Franz Jahn, Bürger und Uhrmacher in Olmütz, zum dritten Male in Stand gesetzt, wobei der in den mathematischen Wissenschaften wohl unterrichtete Olmützer Jesuit Anton Gerhart behilflich war.

Während der im Jahre 1741 erfolgten Besetzung der Stadt durch die preußische Armee kam das Werk abermals zu kurzem Stillstande, wurde aber schon im Jahre 1746 wieder durch Olmützer Künstler, sowie durch die Mitwirkung des bekannten Olmützer Malers J. Handtke, der die Umrahmung der Uhr mit schönen Fresken schmückte, wieder in Stand gesetzt.

Durch die im Jahre 1758 durch Friedrich den Großen erfolgte Belagerung der Stadt kam die Uhr vollends in Verfall, und das einst so herrliche Kunstwerk wurde nun immer mehr zu einer Ruine, an der im Laufe der nächstfolgenden Jahre alles Fassbare verloren ging. Auf Anregung mehrerer Bürger der Stadt wurde dann der Magistrats-Rat im Jahre 1810 abermals veranlasst, den Beschluss zu fassen, die vierte Rekonstruktion der Uhr vorzunehmen und es wurde hierzu ein kunstverständiger Wiener Uhrmacher Namens Martin Bürgel, aus Dillingen in Schwaben gebürtig, berufen, der vorher eine Kaution von 6000 Gulden leisten musste. Dieser Meister ging im August desselben Jahres mit Hilfe seines Sohnes an die Arbeit und beendete sie in elf Monaten, daher noch im Jahre 1811. Diese Herstellung kostete 8000 Gulden Banco-Zettel, nach dem Tageskurs gleich 2000 Gulden gesetzlicher Währung. Leider scheint diese Herstellung nur eine oberflächliche gewesen zu sein, indem das Werk nur wenige Jahre in gutem Stand blieb und schon im Jahre 1823 abermals seine Tätigkeit und zwar diesmal auf lange hinaus einstellte.

Im Jahre 1894 wurden dann Verhandlungen mit der Firma Eduard Korfhage & Söhne, Turmuhrenfabrik in Buer, Hannover, angeknüpft und dieser Firma die fünfte Wiederherstellung der Uhr übertragen. Nachdem an der Wiederherstellung ca. 4 Jahre gearbeitet worden war, trat die Uhr zum ersten Mal am 22. Mai 1898 wieder in Tätigkeit. Die Gesamtkosten der Wiederherstellung betrugen rund 25000 fl. ö. W.

Beschreibung der Kunstuhr

(Abbildung 1) stellt die Uhr in ihrer heutigen Gestalt vor. Die Uhrnische besitzt eine innere Breite von 5,50 m und erreicht eine lichte Höhe von nahezu 15,00 m. Die außen sichtbaren Seitenflächen sind unten durchschnittlich 2,5 m breit und von den Strebepfeiler-Verjüngungen angefangen um ungefähr 30 cm schmäler. Diese Wandflächen bieten mit den sich aufeinander beziehenden "al fresco" behandelten malerischen Darstellungen eine ungemein reiche und künstlerische Umrahmung der Rückenwand und geben in ihren untersten Teilen Aufklärung über die mehrfachen früheren und die neueste Restaurierung des Werkes. Die Rückwand resp. Hauptwand des Gehäuses besteht: 1. aus einem unteren Teile, eine detaillierte Zeitbestimmung und verschiedene astronomische Darstellungen umfassend, 2. aus einer Mittelgruppe, zur Aufnahme von plastischen Figuren bestimmt, welche teils feststehend sind und zum Teile durch mechanischen Antrieb zeitweise in Bewegung gesetzt werden und 3. aus einer Bekrönung, welche ähnlich den Seitenflächen mit bildlichen Darstellungen geschmückt ist, um den beiden unteren Gruppen eine würdige Begrenzung zu geben.

Den sich über dem Pflaster zunächst erhebenden postamentartigen Unterbau in der Mittelachse der Hauptwand schmückt eine marmorne Gedenktafel. Diese trägt die Inschrift: "Was Du ererbt von Deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen." Darunter etwas kleiner: "Dem Bürgermeister Josef von Engel, sowie den gemeinsamen Bemühungen des Kunstuhr-Vereins und der Stadtgemeinde ist es zu verdanken, dass dieses Werk im Jahre 1898 wiederhergestellt wurde." Oberhalb dieser lnschrifttafel geht der sockelartige Unterbau, der sie trägt, in geschlungener Verbreiterung nach oben hin auseinander und entwickelt sich zunächst zu einer quadratischen Unirahmung mit dem Kalendarium, an dem die Wochentage, Wochen, Monate, das Datum und die Mondphasen mittels Zeigern bekannt gegeben werden. Ein seitlich befestigter Engel zeigt an einer breiten, sich von links nach rechts bewegenden Ringscheibe mit vergoldetem Stabe den Tagesnamen. Der übrig bleibende Wandflächenraum links und rechts vom Sockelbau unterhalb der Seltenvoluten ist bemalt. Diese beiden Wandflächen zeigen, gemäß einer alten Sage, die Idealfigur des ersten Erbauers der Kunstuhr, Anton Pohl, links den alten Handwerksmeister im Arbeitszimmer, rechts den Meister nach seiner Blendung durch den undankbaren Rat der Stadt Olmütz.

Oberhalb des Kalendariums ist, der ganzen Wandbreite nach und ebenfalls von viereckigen Friesen umgeben, das astronomische Werk sichtbar. Es umfasst links eine Zwölf-Stunden-, darunter eine Minuten-Uhrscheibe und rechts eine 24-Stunden-Uhr-, darüber eine Sternbildscheibe. Letztere ist zusammengesetzt aus einem äußeren 24-Stunden-Ringe und einer beweglichen Scheibe mit dem nördlichen Sternenhimmel, welche .jeden Tag eine ganze Umdrehung macht. Es soll damit gezeigt werden, dass sich die scheinbare Bewegung der Fixsterne alle 24 Stunden regelmäßig wiederholt. Die astronomische Scheibe mit dem dahinter liegenden Hauptwerke ist das Wichtigste an der Uhr und besitzt auch zum besseren Schutze gegen Witterungs-Einflüsse eine besondere, gegen die Wandfläche vorragende Umrahmung, die für eine Verglasung eingerichtet ist. Auf dieser Scheibe reihen sich in 12 zierlichen, plastischen Rahmen eingefasst und figürlich gemalt, die Tierkreisbilder, entsprechend diesen am Innenrande die Namen der Monate. In den verbleibenden inneren Kreis-vierteln sind die vier Jahreszeiten durch allegorische Figuren dargestellt, auf der Trennungslinie das Datum des Jahreszeitwechsels leserlich und im Zentrum endlich erglänzt vergoldet und strahlend die Alles beleuchtende Sonne. Weiter wird ersichtlich gemacht, wie die Planeten Merkur, Venus, Erde und Mars, Jupiter und Saturn ihre Bahn um die Sonne beschreiben, in welchem Sternbilde die Planeten stehen und wie durch die Bewegungen des Mondes die Sonnen- und Mondesfinsternisse entstehen.

Alle Tafeln dieser Gruppe sind aus Kupferblech hergestellt, teilweise bemalt oder die Grundflächen echt versilbert und blau eingerändert, so dass sich die schwarz gehaltenen Einteilungen und Beschreibungen recht deutlich davon abheben. Vier aufstrebende Fialen, mit Krabben und Kreuzblumen bekrönt, trennen diesen ebenfalls reich polychromierten und vergoldeten Gehäuseteil der Breite nach in drei Felder, deren mittleres im unteren Teile in etwas vorspringenden Etagen drei Engelgruppen aufnimmt. Die 16 in Holz geschnitzten Engel sind mit je einem Hämmerchen und einer Schlagglocke versehen Die seitlichen Felder sind unten und oben mit je zwei verschlossenen Türchen und halbkreisförmig vorspringenden Balkonen ausgestaltet, um verschiedenen kleinen Figuren Platz für ihre Bewegungen zu gewähren. Ein Glockenspiel lässt mittags schlichte Volks- und Kirchenlieder, abwechselnd mit passenden Weisen aus den großen deutschen Tondichtern von Haydn und Richard Wagner vernehmen. Die Inszenierung dieses Figurenspieles findet um 12 Uhr mittags statt und bietet daher zu dieser Zeit den Haupt-Effekt der zweiten Gruppe. Während sich die Engelchen mit der Aufführung der Musikstücke zu gleicher Zeit beschäftigen, öffnen sich zuerst die unteren, dann die oberen Türrchen, und die im Halbkreise sich bewegenden Figuren erscheinen im Vordergrunde.

Die unteren sind ungefähr 50 cm, die oberen 30 cm hoch. Unten treten zunächst auf der linken Seite Kaiser Rudolf von Habsburg, sein Pferd am Zügel nachführend, anderseits ein Priester, mit Messner hervor, bis sie in der Mitte zusammentreffen und dann auf demselben Wege wieder in den Öffnungen verschwinden. Es soll damit die historische Begegnung veranschaulicht werden, bei der der Kaiser dem greisen Priester sein Pferd überreichte, damit er den Waldbach übersetzen und einen Sterbenden trösten könne. Zwischen den genannten Türen befindet sich eine Nische, unter welcher der heilige Georg den Drachen bekämpft und niederzwingt. In dem oberen Teile öffnen sich danach die zwei kleineren Türen und es erscheinen Adam und Eva, jenem den Apfel reichend. Das rechte Feld ist zu dem linksseitigen ganz symetrisch und treten .zunächst unten die heiligen drei Könige, begleitet von Gaben tragenden Pagen hervor und machen um eine Mittelgruppe der thronenden Maria mit dem Christuskinde im Schoss, analog zur Georgsgruppe, die Runde, während man oben die Figuren des heiligen Josef und Maria, mit Christus auf einem Esel sitzend, wie sie die Flucht nach Ägypten nehmen, vorbeiziehen sieht. In beiden Seitenfeldern dienen außerdem ganz oben nochmals zwei Etagen zur Aufnahme von je zwei Figuren in den vier verschiedenen Lebensaltern des Menschen, die aber nicht bloß mittags, sondern bei jedem Stundenschlage regelmäßig ihre Bewegungen vollführen und den Stundenwechsel bekannt geben.

Während das Kind in Gestalt eines Hirtenknaben mit einer Schalmei die Stunde verkündet und ein greiser Mönch am Rosenkranze die Stunde abzählt, läutet der Jüngling als Schlossergeselle mit zwei kleinen Hämmerchen auf eine Glocke und der Mann als Schmiedemeister zeigt mit größerem Hammer an, wieviel Stunden bereits verstrichen. Ein die Flügel bewegender Hahn macht sich ebenfalls bemerkbar. Die vier männlichen Figuren sind 63 cm hoch. Zwei gotische Baldachine in Giebelform von Maßwerk durchbrochen und gleich den Fialen-Bekrönungen mit Krabben und Kreuzblumen verziert, bedachen rechts und links diese Figuren und das Zwischenfeld schmückt ein lebensgroßes Porträt der ruhmvollen Kaiserin Maria Theresia. Gleich der Wand-Vertäfelung sind auch die holzgeschnitzten Figuren prächtig bemalt. Die Seitenflächen der Nischenwand unmittelbar über den Baldachinen bedecken zwei auf Holz-Vertäfelungen gemalte und mit glatten Friesen umrahmte Bilder. Gruppen von Menschen lehnen an der gotischen Brüstung und blicken auf die Beschauer herab. Dazwischen in dem Mittelfelde ruht die Mondgöttin Luna und darüber wird nochmals die wechselnde Form der Mondscheibe, aber weit größer, als auf der Kalenderscheibe ersichtlich. Das oberste, spitzbogenförmig begrenzte Feld ist bemalt und stellt die beiden berühmten Geographen Strabo und Ptolomäus dar. Dieser dekorative Hintergrund des ganzen Uhrbildes wird durch weitere neun in Fresko-Technik hergestellte Bilder kunstvoll eingerahmt.

Was das Werk der Uhr anbelangt, so besteht dasselbe aus einem Gangwerk mit Schwerkrafthemmung. Sie enthält ein Viertelstunden-Schlagwerk, ein Vollstunden-Schlagwerk, ein Doppelwerk für den Antrieb der Knabenfigur, ein doppeltes Antriebswerk für das Glockenspiel und ein Laufwerk für den Hahn. Vom Gehwerke aus werden die Minutenzeiger, der Stundenzeiger, das astronomische Werk, der Vierundzwanzigstunden-Zeiger für Sonnen- und Sternenzeit angetrieben. Das Kalenderwerk erhält seinen Antrieb wieder vom astronomischen Werk, in dem jede Nacht um 12 Uhr ein Hebel niederfällt, wodurch sämtliche Teile des Kalenderwerkes für den nächsten Tag eingestellt werden. Das Gewicht der Pendellinse beträgt 50 kg und durch acht Gewichte wird die Uhr in Funktion gesetzt.

Wie auch der Prager „Orloj“ ist die Uhr mit einer Legende verbunden, die der Prager durchaus ähnelt: Es heißt, die Ratsherren der Stadt ließen den wandernden Uhrmacher Antonín Pohl blenden, damit er nie wieder etwas ähnliches schaffen könne.

Zerstörung und Neubau

Im zweiten Weltkrieg, als die sich zurückziehenden deutschen Armee in den letzten Wochen durch Olomouc ziehen eröffneten sie das Feuer auf die alte astronomische Uhr, so dass nur ein paar Stücke erhalten blieben, welche sich heute im Heimatkundemuseum befinden. Die Uhr wurde vollständig in den Jahren 1947-1955 repariert und umgebaut in Sozialistisch-Realistischen Stil und dekoriert mit Mosaik, die Prozession der Apostel wird durch 12 Zünfte ersetzt.
Für diese heute sehr umstritten Änderung war Professor Karlem Svolinským verantwortlich. (Abbildung 2)
Am 28. Oktober 2008 wurde mit Hilfe einer farblich bemalten Leinwand ganz deutlich veranschaulicht, wie schön damals diese originale Astronomisch Kunstuhr war. (siehe Abbildung 3)

Weiterführende Informationen

Literatur

Weblinks