Paul Biber, Kindheit, Ausbildung und Militärdienst 1914 bis 1918

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Kindheit und Ausbildung

Paul, Lotte und Erich Biber.

Friedrich Georg Paul Biber wurde am 6. Juli 1891 in Dresden geboren und wuchs zusammen mit seinen Geschwistern Felix, Erich und Lotte in Dresden auf. Nach dem Besuch der Grund- und Bürgerschule absolvierte Paul Biber ab April 1906 eine Lehre als Feinmechaniker bei der Dresdner Firma Gebr. Keilpart, die Messwerkzeuge herstellten. Theoretischen Unterricht erhielt Paul Biber an der Städtischen Gewerbeschule Dresden. Die Gesellenprüfung (Gehilfenprüfung) bestand er im Mai 1910 mit „sehr gut“. In der Firma Gebr. Keilpart arbeitete er noch bis August 1912 als Gehilfe. Nebenbei bemühte sich Paul Biber um fachliche Qualifizierung. Dazu nutzte er Möglichkeiten der Abend- und Sonntagsschule der Städtischen Gewerbeschule Dresden. Im September 1912 wechselte Paul Biber zur Dresdner Firma Georg Rosenmüller in die Fertigung von Messgeräten für die Strömungsmessung. Dort war er bis Oktober 1913 als Gehilfe und bis 21. August 1914 als Techniker und schließlich als Werkstattleiter im Bereich der Herstellung von Instrumenten für die Geschwindigkeits- und Volumenmessung tätig. Paul Biber war u.a. eingebunden in die Herstellung von Fahrtmessern für Flugzeuge sowie in die Überführung des Prandtlschen Staurohres für die Geschwindigkeitsmessung an Flugzeugen in die Serienfertigung bei der Firma G. Rosenmüller (Prof. Ludwig Prandtl war zu dieser Zeit Leiter der Modellversuchsanstalt für Aerodynamik – kurz MVA – in Göttingen.)

Militärdienst ab 1914 und Temeswar

Luftschiffer Paul Biber

Am 22. August 1914 wurde Paul Biber zum Kriegsdienst eingezogen. Nach der Grundausbildung in Dresden und der Ausbildung im Betrieb von Luftschiffen beim Königlich Sächsischen Feldtrupp für Luftschiffe Nr. 14 (LT 14) auf den Luftschiffhäfen Dresden-Kaditz, Schneidemühl und Jüterbog erfolgte die Verlegung von LT 14 mit dem Zug zum fast fertigen Luftschiffhafen Temeswar in Südungarn (heute Rumänien) – TARNNAME ADEBAR. Luftschiffer Paul Biber war für die Wartung von Windmessgeräten und besonders für die Erzeugung, Weiterleitung und fachgerechte Nutzung von Elektroenergie verantwortlich. So hat er u.a. die Freileitung vom Maschinenhaus zur Gasanstalt errichtet. Die spezifischen und zugleich komplexen Anforderungen an die verschiedenen Aufgaben der Seeflugzeuge führte dazu, dass sich die Kaiserliche Marine ein eigenes Kompetenzzentrum in Warnemünde auf dem völlig abgeschirmten Flugplatz „Hohe Düne“ schuf – das „Seeflugzeug-Versuchs-Kommando“ – SVK Warnemünde. Zügig wurden entsprechende Ingenieure, Piloten, Wissenschaftler und Werkstattleute zusammengezogen, erforderliche Hangars, Werkstätten und Versuchseinrichtungen errichtet, um sehr konzentriert neue Seeflugzeuge für unterschiedliche Aufgaben zu entwickeln und zu erproben. Paul Biber war bei der Firma G. Rosenmüller der Fachmann für Instrumente zur Geschwindigkeitsmessung und -anzeige an Flugzeugen. Im Rahmen der fertigungstechnischen Ausgestaltung des Prandtlschen Staurohres hatte Paul Biber als Werkstattleiter sicher auch direkten Kontakt zu Prof. Ludwig Prandtl. Während seiner Luftschiffer-Ausbildung ist Paul Biber im Luftschiff auch mit aufgestiegen und hat damit seine Höhentauglichkeit nachgewiesen. Trotz der Schrecken des Krieges gab es in Temeswar immer noch Raum für Humor. An der Tür des Trafo-Raums war ein großer roter Blitz mit dem Text „Lebensgefahr“ und macht in dadurch auch „Feldwebelsicher“.

Warnemünde bis 1918

Erinnerungsfoto vor einem Testflug – rechts ober Paul Biber, rechts unten Testpilot Flugobermaat Gerhard "Küken" Hubrich.

Diese Fakten zusammengenommen haben vielleicht dazu geführt, dass Paul Biber Mitte 1916 vom Luftschiffhafen Temeswar zum SVK Warnemünde versetzt wurde. Die Nummer „71“ seines Flugplatzausweises für das SVK verdeutlicht, dass sich das SVK noch in der Aufbauphase befand. Feinmechaniker Paul Biber wurde hinsichtlich der Anforderungen getestet und absolvierte im Dezember 1916 seinen ersten Geschwindigkeitsmessflug. Nach seiner Eignungsprüfung erhielt Paul Biber vom SVK die umfangreiche Aufgabe: Einrichtung und Leitung der Versuchs- und Reparaturwerkstatt des SVK Warnemünde! In dieser Funktion musste Paul Biber flugtechnische Geräte einschließlich Messtechnik warten, herstellen und verbessern, an der Flugerprobung teilnehmen sowie Messprotokolle erstellen und auswerten. So versuchte Paul Biber in Abstimmung mit der Messtechnikertruppe um Prof. Prandtl die Befestigung der Staurohre an den Flugzeugen mit dem Ziel zu optimieren, dass die Rohrlänge zwischen der Messstelle (Position des Prandtlschen Staurohres) und dem Anzeigegerät (Position vom Staudruck-Fahrtmesser) möglichst gering ist, um somit die Größe des Messfehlers zu reduzieren. Die Anordnung der Messinstrumente ist dokumentiert in den „Allgemeinen Baubestimmungen für Seeflugzeuge der Kaiserlichen Marine 1918“. Wenn dort steht „nach Angabe des SVK“ wird klar, dass viele Arbeitsergebnisse vom SVK – wie in diesem Fall von Paul Biber - dort Eingang fanden.

Die Flugzeuge erreichten u.a. größere Flughöhen und Fluggeschwindigkeiten. Als Verantwortlicher auch für die Instrumentenwerkstatt, hatte Paul Biber großen Anteil daran, dass die Messgeräte an diese neuen Bedingungen anpasst wurden. Auch in den Bau eines Kreisels für den Instrumentenflug war er in Kooperation mit dem Piloten Wolfgang von Gronau (ab 1.11.1917, 1. Adjutant des Kommandeurs der Flieger der Hochseeflotte) [1] einbezogen. Die von Paul Biber bei den Abnahmeflügen ermittelten Messdaten wurden in Übersichten erfasst und bildeten eine wesentliche Basis zum Erstellen der Übersichten in dem SVK-ATLAS 1917. Wenn man bedenkt, dass alle 2138 (Serien-)Marineflugzeuge durch die Seeflugzeug-Abnahme-Kommission (SAK) Warnemünde auszurüsten, einzufliegen, abzunehmen und an die einzelnen Flugstationen zu übergeben waren, dann kann man erahnen, welches Pensum an Arbeit die Offiziere und die Mannschaft des SVK Warnemünde einschließlich der SAK geleistet haben. Dazu kommen noch alle Prototypen die in Warnemünde erprobt, weiterentwickelt und nochmals getestet wurden. Paul Biber hatte fast täglich „Flugbereitschaft“ und war intensiv an der Flugzeugabnahme beteiligt. Im März 1918 bestand Paul Biber die theoretische Prüfung zum Flugmechaniker-Maat in Kiel und wurde am 1. Mai 1918 zum Flugmechaniker-Maat befördert. Es folgten viele weitere Abnahmeflüge mit teilweise bekannten Piloten. Er arbeitete auch mit dem bekannten Testpiloten Flugobermaat Gerhard Hubrich (1896-1972) – genannt Küken, (später Die Eisgrauen), – zusammen. [2][3] [4] In seinem Zeugnis muss Paul Biber „als einer der gewissenhaftesten und zuverlässigsten Unteroffiziere des Flugplatzes bezeichnet werden.“ Seine Erlebnisse beim Militär sowohl als Luftschiffer als auch als Leiter der Versuchs- und Reparaturwerkstatt beim SVK Warnemünde hatte er ganz gut dokumentiert und somit gute Erinnerungen. Diese Erlebnisdokumentation bildete dem jüngsten Sohn von Paul Biber eine sehr gute Basis neben Einzelpublikationen fünf äußerst interessante Bücher zu bisher kaum bekannten Inhalten zu publizieren.

© Dr. Jörg Biber

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Quellen