Paul Biber und „seine“ Uhrmacherschule hilft beim Wiederaufbau der Uhrenindustrie: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Watch-Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Zeile 3: Zeile 3:
 
Es war eine verrückte Zeit, einige Betriebe waren zerstört und die noch betriebsbereit waren, wurden ausgeräumt, weil ja fast alle Betriebe Teil der Rüstungsproduktion waren, z.B. Herstellung von Zünder für Bomben. Die ganzen Maschinen, Werkzeuge, Zeichnungen und Produktunterlagen gingen als Reparationsleistungen nach dem Osten. Es gab kaum etwas zu Essen, aber es war Frieden! Es konnte nur noch besser werden! '''[[Biber, Paul|Paul Biber]]''' kämpfte um den Erhalt der Ausbildungsstätte Deutsche Uhrmacherschule „Seiner Schule“. Zum Glück gab es die weitsichtige Entscheidung der russischen Kommandantur, dass die Schule schnell wieder für Ausbildungszwecke genutzt werden sollte. Allen Unzulänglichkeiten zum Trotz und mit viel Willen, Einsatzbereitschaft und Organisationstalent gelang es schon im Juni 1945 mit der Wiederaufnahme einer regulären Ausbildung an der Deutschen Uhrmacherschule. Die Ausbildungsmöglichkeiten waren zwar eingeschränkt, da in der DUS auch ein Behelfskrankenhaus eingerichtet wurde, aber bei viel gutem Willen war diese doppelte Nutzung notwendig und möglich. Nach der Demontage der Betriebe in Glashütte wurden für den Neuanfang Ideen, Teile, Werkzeuge, Materialien, Vorrichtungen und Maschinen benötigt. Hier war Paul Biber ein fachkompetenter und hilfsbereiter Ansprechpartner. Was er mit seinen Schülern und seinen Maschinen uneigennützig für den Produktionsanlauf in den Betrieben beisteuerte war enorm. Paul Biber half somit der Glashütter Industrie wieder auf die Beine. Dabei ist zu beachten, dass sich das Klientel der Schüler in der Abteilung Mechanik an der DUS nach dem Krieg verändert hatte. Es war bunt gemischt – da waren jugendliche Kriegsrückkehrer, Abiturienten ohne Studienplatz, jugendliche Umsiedler und Schulabgänger mit mittlerer Reife  Das stellte neue Forderungen an die Ausbildung hinsichtlich einer größeren Differenzierung in Bezug auf das Leistungsniveau als auch das Beachten und Eingehen auf soziale und leistungsmäßige Unterschiede. Hierbei galt es mit pädagogischem Geschick Spannungen zwischen den Schüler abzubauen und durch individuelle Förderung möglichst alle Schüler zum Ausbildungsabschluss zu führen.
 
Es war eine verrückte Zeit, einige Betriebe waren zerstört und die noch betriebsbereit waren, wurden ausgeräumt, weil ja fast alle Betriebe Teil der Rüstungsproduktion waren, z.B. Herstellung von Zünder für Bomben. Die ganzen Maschinen, Werkzeuge, Zeichnungen und Produktunterlagen gingen als Reparationsleistungen nach dem Osten. Es gab kaum etwas zu Essen, aber es war Frieden! Es konnte nur noch besser werden! '''[[Biber, Paul|Paul Biber]]''' kämpfte um den Erhalt der Ausbildungsstätte Deutsche Uhrmacherschule „Seiner Schule“. Zum Glück gab es die weitsichtige Entscheidung der russischen Kommandantur, dass die Schule schnell wieder für Ausbildungszwecke genutzt werden sollte. Allen Unzulänglichkeiten zum Trotz und mit viel Willen, Einsatzbereitschaft und Organisationstalent gelang es schon im Juni 1945 mit der Wiederaufnahme einer regulären Ausbildung an der Deutschen Uhrmacherschule. Die Ausbildungsmöglichkeiten waren zwar eingeschränkt, da in der DUS auch ein Behelfskrankenhaus eingerichtet wurde, aber bei viel gutem Willen war diese doppelte Nutzung notwendig und möglich. Nach der Demontage der Betriebe in Glashütte wurden für den Neuanfang Ideen, Teile, Werkzeuge, Materialien, Vorrichtungen und Maschinen benötigt. Hier war Paul Biber ein fachkompetenter und hilfsbereiter Ansprechpartner. Was er mit seinen Schülern und seinen Maschinen uneigennützig für den Produktionsanlauf in den Betrieben beisteuerte war enorm. Paul Biber half somit der Glashütter Industrie wieder auf die Beine. Dabei ist zu beachten, dass sich das Klientel der Schüler in der Abteilung Mechanik an der DUS nach dem Krieg verändert hatte. Es war bunt gemischt – da waren jugendliche Kriegsrückkehrer, Abiturienten ohne Studienplatz, jugendliche Umsiedler und Schulabgänger mit mittlerer Reife  Das stellte neue Forderungen an die Ausbildung hinsichtlich einer größeren Differenzierung in Bezug auf das Leistungsniveau als auch das Beachten und Eingehen auf soziale und leistungsmäßige Unterschiede. Hierbei galt es mit pädagogischem Geschick Spannungen zwischen den Schüler abzubauen und durch individuelle Förderung möglichst alle Schüler zum Ausbildungsabschluss zu führen.
  
==Normalisierung==
+
==Normalisierung und eine Geburt==
 
Dass diese Schüler in die Lage versetzt wurden, komplizierte feinmechanische Geräte in Ihrer Ausbildung für sich sowie für die Glashütter Betriebe herzustellen, zeugt von einem bestens fachlich und pädagogisch agierendem Lehrpersonal, allen voran in der Abteilung Feinmechanik, ihrem Leiter Paul Biber. Ganz in diesem Sinne präsentierte Paul Biber mit ausgewählten Schülern seiner Abteilung anlässlich des „Pädagogischen Kongresses“ am [[8. September]] [[1947/de|1947]] in Leipzig den Kongressteilnehmern Ausbildungskonzepte und Ausbildungsprodukte. Langsam normalisiert sich das Leben in Glashütte, die Menschen wurden wieder zuversichtlicher. Paul Biber freute sich über den Frieden, über den Nutzen seiner Arbeit, gut ausgebildete Feinmechaniker und Uhrmacher sowie viele Produkte für den Aufbau der Glashütter Uhrenindustrie, über erste Erfolge der besseren Versorgung mit Lebensmitteln und über die neue größere Wohnung. Auch die Lehrer fanden Zeit für einen gemeinsamen Ausflug. In dieser, langsam zuversichtlichen Zeit wurde im Hause Biber am [[17. März]] [[1951/de|1951]] Jörg Biber geboren. Sein Pate wurde sein ehemaliger Lehrbeistand, Mitstreiter und Fachkollege Richard Knauthe.
 
Dass diese Schüler in die Lage versetzt wurden, komplizierte feinmechanische Geräte in Ihrer Ausbildung für sich sowie für die Glashütter Betriebe herzustellen, zeugt von einem bestens fachlich und pädagogisch agierendem Lehrpersonal, allen voran in der Abteilung Feinmechanik, ihrem Leiter Paul Biber. Ganz in diesem Sinne präsentierte Paul Biber mit ausgewählten Schülern seiner Abteilung anlässlich des „Pädagogischen Kongresses“ am [[8. September]] [[1947/de|1947]] in Leipzig den Kongressteilnehmern Ausbildungskonzepte und Ausbildungsprodukte. Langsam normalisiert sich das Leben in Glashütte, die Menschen wurden wieder zuversichtlicher. Paul Biber freute sich über den Frieden, über den Nutzen seiner Arbeit, gut ausgebildete Feinmechaniker und Uhrmacher sowie viele Produkte für den Aufbau der Glashütter Uhrenindustrie, über erste Erfolge der besseren Versorgung mit Lebensmitteln und über die neue größere Wohnung. Auch die Lehrer fanden Zeit für einen gemeinsamen Ausflug. In dieser, langsam zuversichtlichen Zeit wurde im Hause Biber am [[17. März]] [[1951/de|1951]] Jörg Biber geboren. Sein Pate wurde sein ehemaliger Lehrbeistand, Mitstreiter und Fachkollege Richard Knauthe.
  
 +
==„Fachschule für Feinwerktechnik und Uhrentechnik==
 +
Im Jahr 1951 verlieh die Regierung der DDR der Uhrmacherschule den Status einer „Fachschule für Feinwerktechnik und Uhrentechnik“. Rückschauend stellte Studienrat Helwig 1956 heraus: „An der Uhrmacherschule auch Techniker (Ingenieure d.V.) auszubilden war nur durch die rastlose und aktive Unterstützung des Kollegen Biber möglich.“ <ref>Feinmechanik und Optik. 1956, Heft 6, S. 176)</ref>
 +
Die Umstellung der Schule zur Fach- bzw. Ingenieurschule erforderte von Paul Biber wieder vollsten Einsatz, zumal die Ausbildung des letzten Lehrlingslehrgangs (1950 bis 1953/siehe Abbildung 119) ebenfalls noch volle Aufmerksamkeit verlangte. Die Lehrveranstaltung für die Fachschüler (siehe Abbildung 120) mussten neu konzipiert und besonders der Theorieanteil erweitert und vertieft werden. Das betraf solche Themen wie Urformen, Umformen, Trennen und Fügen sowie Bauelemente der Feinmechanik, Messtechnik und Gerätekunde. Diese doppelte Belastung war für Paul Biber eine enorme Belastung.
  
  
  
 
+
==Quelle==
  
 
© Dr. Jörg Biber
 
© Dr. Jörg Biber

Version vom 30. Juni 2024, 21:27 Uhr

Verrückte Zeit

Es war eine verrückte Zeit, einige Betriebe waren zerstört und die noch betriebsbereit waren, wurden ausgeräumt, weil ja fast alle Betriebe Teil der Rüstungsproduktion waren, z.B. Herstellung von Zünder für Bomben. Die ganzen Maschinen, Werkzeuge, Zeichnungen und Produktunterlagen gingen als Reparationsleistungen nach dem Osten. Es gab kaum etwas zu Essen, aber es war Frieden! Es konnte nur noch besser werden! Paul Biber kämpfte um den Erhalt der Ausbildungsstätte Deutsche Uhrmacherschule „Seiner Schule“. Zum Glück gab es die weitsichtige Entscheidung der russischen Kommandantur, dass die Schule schnell wieder für Ausbildungszwecke genutzt werden sollte. Allen Unzulänglichkeiten zum Trotz und mit viel Willen, Einsatzbereitschaft und Organisationstalent gelang es schon im Juni 1945 mit der Wiederaufnahme einer regulären Ausbildung an der Deutschen Uhrmacherschule. Die Ausbildungsmöglichkeiten waren zwar eingeschränkt, da in der DUS auch ein Behelfskrankenhaus eingerichtet wurde, aber bei viel gutem Willen war diese doppelte Nutzung notwendig und möglich. Nach der Demontage der Betriebe in Glashütte wurden für den Neuanfang Ideen, Teile, Werkzeuge, Materialien, Vorrichtungen und Maschinen benötigt. Hier war Paul Biber ein fachkompetenter und hilfsbereiter Ansprechpartner. Was er mit seinen Schülern und seinen Maschinen uneigennützig für den Produktionsanlauf in den Betrieben beisteuerte war enorm. Paul Biber half somit der Glashütter Industrie wieder auf die Beine. Dabei ist zu beachten, dass sich das Klientel der Schüler in der Abteilung Mechanik an der DUS nach dem Krieg verändert hatte. Es war bunt gemischt – da waren jugendliche Kriegsrückkehrer, Abiturienten ohne Studienplatz, jugendliche Umsiedler und Schulabgänger mit mittlerer Reife Das stellte neue Forderungen an die Ausbildung hinsichtlich einer größeren Differenzierung in Bezug auf das Leistungsniveau als auch das Beachten und Eingehen auf soziale und leistungsmäßige Unterschiede. Hierbei galt es mit pädagogischem Geschick Spannungen zwischen den Schüler abzubauen und durch individuelle Förderung möglichst alle Schüler zum Ausbildungsabschluss zu führen.

Normalisierung und eine Geburt

Dass diese Schüler in die Lage versetzt wurden, komplizierte feinmechanische Geräte in Ihrer Ausbildung für sich sowie für die Glashütter Betriebe herzustellen, zeugt von einem bestens fachlich und pädagogisch agierendem Lehrpersonal, allen voran in der Abteilung Feinmechanik, ihrem Leiter Paul Biber. Ganz in diesem Sinne präsentierte Paul Biber mit ausgewählten Schülern seiner Abteilung anlässlich des „Pädagogischen Kongresses“ am 8. September 1947 in Leipzig den Kongressteilnehmern Ausbildungskonzepte und Ausbildungsprodukte. Langsam normalisiert sich das Leben in Glashütte, die Menschen wurden wieder zuversichtlicher. Paul Biber freute sich über den Frieden, über den Nutzen seiner Arbeit, gut ausgebildete Feinmechaniker und Uhrmacher sowie viele Produkte für den Aufbau der Glashütter Uhrenindustrie, über erste Erfolge der besseren Versorgung mit Lebensmitteln und über die neue größere Wohnung. Auch die Lehrer fanden Zeit für einen gemeinsamen Ausflug. In dieser, langsam zuversichtlichen Zeit wurde im Hause Biber am 17. März 1951 Jörg Biber geboren. Sein Pate wurde sein ehemaliger Lehrbeistand, Mitstreiter und Fachkollege Richard Knauthe.

„Fachschule für Feinwerktechnik und Uhrentechnik

Im Jahr 1951 verlieh die Regierung der DDR der Uhrmacherschule den Status einer „Fachschule für Feinwerktechnik und Uhrentechnik“. Rückschauend stellte Studienrat Helwig 1956 heraus: „An der Uhrmacherschule auch Techniker (Ingenieure d.V.) auszubilden war nur durch die rastlose und aktive Unterstützung des Kollegen Biber möglich.“ [1] Die Umstellung der Schule zur Fach- bzw. Ingenieurschule erforderte von Paul Biber wieder vollsten Einsatz, zumal die Ausbildung des letzten Lehrlingslehrgangs (1950 bis 1953/siehe Abbildung 119) ebenfalls noch volle Aufmerksamkeit verlangte. Die Lehrveranstaltung für die Fachschüler (siehe Abbildung 120) mussten neu konzipiert und besonders der Theorieanteil erweitert und vertieft werden. Das betraf solche Themen wie Urformen, Umformen, Trennen und Fügen sowie Bauelemente der Feinmechanik, Messtechnik und Gerätekunde. Diese doppelte Belastung war für Paul Biber eine enorme Belastung.


Quelle

© Dr. Jörg Biber

  1. Feinmechanik und Optik. 1956, Heft 6, S. 176)