Hauchar, Charles-Guillaume: Unterschied zwischen den Versionen

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J.D. Hauchar oder Jean Daniel Hauchar wurde [[21. Februar]] [[1810/de|1810]] in Hanau, Hessen geboren und war chirurgischer Student am [[30. Oktober]] [[1832/de|1832]] als er Französischer Staatsangehöriger wurde.
 
J.D. Hauchar oder Jean Daniel Hauchar wurde [[21. Februar]] [[1810/de|1810]] in Hanau, Hessen geboren und war chirurgischer Student am [[30. Oktober]] [[1832/de|1832]] als er Französischer Staatsangehöriger wurde.
  
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Berthouds "Pendule d'experience"
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Dieses einzigartige Kompensationspendel ist beschrieben und abgebildet in Ferdinand Berthouds Standardwerk "Essai sur l'Horlogerie", erschienen 1763 in Paris, Abbildung 22 (Planche XXII). Bislang war nicht bekannt, dass Berthoud oder ein anderer Uhrmacher dieses Pendel jemals realisiert hätte. Unseres Wissens existiert keine weitere Präzisionspendeluhr mit exakt diesem Pendel.
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Der Kinzing-Experte und Spitzenrestaurator Ian Fowler bemerkt dazu:
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Bei dem Werk dieser Uhr handelt es sich allem Anschein nach um ein Rohwerk aus der Kinzing Werkstatt in Neuwied. Signierte Beispiele dieser Art Werke mit Zifferblatt nach Franklin befinden sich normalerweise in obeliskförmigen Gehäusen aus der Werkstatt von David Roentgen (u.a. im Roentgen Museum Neuwied, Württembergischen Landesmuseum Stuttgart, Museum für angewandte Kunst Köln, Schloss Charlottenburg Berlin, Clockmakers' Company London). Allerdings haben die Roentgen und Kinzing Franklin-Uhren immer einen Aufzug mit einem Huygen'schen Endlosseil. Bei dieser Uhr mit der Signatur Hauchar wird das Gewicht über eine Seiltrommel an der Achse eines zusätzlichen Rads aufgezogen, dessen Achse mit einem Vierkant in der üblichen Art durch das Zifferblatt ragt. Außerdem befindet sich hier das Kontergesperr (engl.: "maintaining power") ungewöhnlicherweise an dem zentralen Minutenrad statt an der Seiltrommel. Diese Modifikation des Aufzugs dieser Uhr geschah wohl bei oder kurz nach der Entstehung des Werks, denn in der Vorderplatine ist die zugemachte, ursprüngliche Position des Sperrrads nach Kinzing schemenhaft erkennbar.
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Bezeichnend für die Kinzing Werkstatt sind die Dimensionen des Werks, die Verzahnung der restlichen Räder und Triebe, die Form des langen Hebels für die Hemmungspaletten und insbesondere der eigenartige Zeigerverstellmechanismus unterhalb des Zifferblatts, der den kleinen Stundenzeiger in dem Ausschnitt des großen Minutenzeigers alle vier Stunden betätigt. Der Duktus der Gravur spricht aber für eine Entstehung des Zifferblatts in Paris und nicht Neuwied. Die massive Messingkonsole für das Werk und Pendel entspricht ebenfalls der typischen französischen Bauweise. Das hervorragend bearbeitete Kompensationspendel nach dem Prinzip von Ellicott in einer Ausführung nach Berthoud mit Schneideaufhängung war sicherlich in der präzisen Herstellung mindestens so aufwändig wie das Werk selber und sucht seinesgleichen.
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Die Tatsache, dass ein Werk aus der Neuwieder Fabrikation von Kinzing mit dem Namen eines anderen Uhrmachers anderorts verwendet wurde, ist nach neueren Erkenntnissen nicht unbekannt und lässt sich durchaus erklären. Neuwieder Werke mit Signaturen von Reichel in Köstritz (an einer Franklin Uhr), Bofenschen à Paris oder in Hannover (mit Musikwerken) sowie andere sind bekannt. Peter Kinzing hatte mit David Roentgen eine Partnerschaft, bis letzterer seine Werkstatt spätestens um 1795 aufgab. Die Werkstatt der Familie Kinzing arbeitete jedoch weiter, obwohl der Zugang zu internationalen Märkten bedingt durch die wegfallende Tätigkeit von Roentgen und die Einschränkungen der Französischen Revolution, geschweige denn die späteren Wirkungen der Napoleonischen Kriegen, ausblieb. Man kann annehmen, dass die Firma Kinzing noch einen beträchtlichen Vorrat an Uhrwerken in fertigem oder halbfertigem Zustand besaß, der auch aus ökonomischen Gründen über anderen vermarktet werden musste. Von der Nachfolgegeneration existiert ein Aufkleber in einer Uhr, die um 1810-20 zu datieren ist: Gebrüder Kinzing und Comp. in Neuwied empfehlen sich mit einem vollständigen Assortiment Uhren eigener Fabrike, nemlich: Musik= Centrifugal=, und Aequations= Uhren mit Compensations= Pendel…… Dieses Sortiment erinnert stark an die Uhren, die in Verbindung mit Roentgen fast 20 Jahre früher geliefert wurden, und wahrscheinlich aus jener Zeit noch auf Lager waren.
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Diese Uhr von Hauchar (lt. Tardy S.292: Charles-Guillaume. Paris. Meister. Trinité. 1778. sowie Paris. Quai de la Monnaie, 1812. Quai Conti, 1820-30) stellt das erste bekannte Beispiel einer französischen Großuhr mit einem Zifferblatt nach Franklin dar. Obwohl Benjamin Franklin mehrere Jahre in Paris verweilte und in der intellektuellen Pariser Gesellschaft eine gefragte Persönlichkeit war, sind bis dato sonst keine französischen Uhren mit Franklin-Zifferblatt bekannt geworden. Er war in Paris, als Roentgen und Kinzing auch dort waren, um ihre Produkte bei dem Pariser Adel anzubieten. Ob sie Franklin persönlich kennen lernten, ist nicht bekannt, aber seine Berühmtheit wird ihnen nicht unbekannt geblieben sein, und vielleicht deshalb haben sie eine Uhr "à la Franklin" entworfen und gebaut. Als sie jedoch fertig wurde, blieb der Absatz in Frankreich aus, weil die politische und finanzielle Situation in Frankreich zunehmend instabil wurde. Roentgen verkaufte 1785 seine Niederlassung in Paris und suchte neue Absatzmärkte im Osten. Roentgen und Kinzing hatten allerdings Franklins ursprünglichen Entwurf einer einfachen, preisgünstigen Uhr für die armen Siedler in Nordamerika zu einem sicherlich sehr teueren Präzisionsregulator mit Kompensationspendel in einem (für die damalige Zeit) ultramodernen Gehäuse für sehr betuchte Kunden verwandelt. Ebenfalls exemplifiziert die Uhr von Hauchar in einem sehr massiven, wertvoll bearbeiteten und für die besten zeitgenössischen Präzisionsregulatoren typischen Gehäuse den Wunsch, die Berühmtheit von Franklin mit einem Kompensationspendel erster Güte zu vereinen
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Quelle: Ian Fowler, Friesenhagen, Oktober 2008
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s. Ausstellungskatalog, Kinzing & Co., Innovative Uhren aus der Provinz, Neuwied 2003. S.36 ff, Franklin-Uhren aus Neuwied.
  
 
== Weiterführende Informationen ==
 
== Weiterführende Informationen ==

Version vom 23. März 2019, 13:48 Uhr

Pariser Uhrmacher Frankreich.

Charles-Guillaume Hauchar (Hauchard) war eine Lehrling von Abraham-Louis Breguet und wurde Meister in 1778. Er arbeitete am Quai de la Monnaie, 1812 und der Quai Conti 5 von 1820 bis um 1830. Im Annuaire général du commerce, de l'industrie, de la magistrature et L'Industrie von 1847 wurde Hauchard noch am Quai Conti 3 aufgezeichnet. Er signierte seine Uhren manchmal mit "Hauchar élève de Breguet".

Oft wird der Fehler mit den Initialen gemacht und wird über J.D. Hauchar geschrieben. J.D. Hauchar oder Jean Daniel Hauchar wurde 21. Februar 1810 in Hanau, Hessen geboren und war chirurgischer Student am 30. Oktober 1832 als er Französischer Staatsangehöriger wurde.

Zur Abbildungen

Berthouds "Pendule d'experience" Dieses einzigartige Kompensationspendel ist beschrieben und abgebildet in Ferdinand Berthouds Standardwerk "Essai sur l'Horlogerie", erschienen 1763 in Paris, Abbildung 22 (Planche XXII). Bislang war nicht bekannt, dass Berthoud oder ein anderer Uhrmacher dieses Pendel jemals realisiert hätte. Unseres Wissens existiert keine weitere Präzisionspendeluhr mit exakt diesem Pendel.

Der Kinzing-Experte und Spitzenrestaurator Ian Fowler bemerkt dazu: Bei dem Werk dieser Uhr handelt es sich allem Anschein nach um ein Rohwerk aus der Kinzing Werkstatt in Neuwied. Signierte Beispiele dieser Art Werke mit Zifferblatt nach Franklin befinden sich normalerweise in obeliskförmigen Gehäusen aus der Werkstatt von David Roentgen (u.a. im Roentgen Museum Neuwied, Württembergischen Landesmuseum Stuttgart, Museum für angewandte Kunst Köln, Schloss Charlottenburg Berlin, Clockmakers' Company London). Allerdings haben die Roentgen und Kinzing Franklin-Uhren immer einen Aufzug mit einem Huygen'schen Endlosseil. Bei dieser Uhr mit der Signatur Hauchar wird das Gewicht über eine Seiltrommel an der Achse eines zusätzlichen Rads aufgezogen, dessen Achse mit einem Vierkant in der üblichen Art durch das Zifferblatt ragt. Außerdem befindet sich hier das Kontergesperr (engl.: "maintaining power") ungewöhnlicherweise an dem zentralen Minutenrad statt an der Seiltrommel. Diese Modifikation des Aufzugs dieser Uhr geschah wohl bei oder kurz nach der Entstehung des Werks, denn in der Vorderplatine ist die zugemachte, ursprüngliche Position des Sperrrads nach Kinzing schemenhaft erkennbar. Bezeichnend für die Kinzing Werkstatt sind die Dimensionen des Werks, die Verzahnung der restlichen Räder und Triebe, die Form des langen Hebels für die Hemmungspaletten und insbesondere der eigenartige Zeigerverstellmechanismus unterhalb des Zifferblatts, der den kleinen Stundenzeiger in dem Ausschnitt des großen Minutenzeigers alle vier Stunden betätigt. Der Duktus der Gravur spricht aber für eine Entstehung des Zifferblatts in Paris und nicht Neuwied. Die massive Messingkonsole für das Werk und Pendel entspricht ebenfalls der typischen französischen Bauweise. Das hervorragend bearbeitete Kompensationspendel nach dem Prinzip von Ellicott in einer Ausführung nach Berthoud mit Schneideaufhängung war sicherlich in der präzisen Herstellung mindestens so aufwändig wie das Werk selber und sucht seinesgleichen. Die Tatsache, dass ein Werk aus der Neuwieder Fabrikation von Kinzing mit dem Namen eines anderen Uhrmachers anderorts verwendet wurde, ist nach neueren Erkenntnissen nicht unbekannt und lässt sich durchaus erklären. Neuwieder Werke mit Signaturen von Reichel in Köstritz (an einer Franklin Uhr), Bofenschen à Paris oder in Hannover (mit Musikwerken) sowie andere sind bekannt. Peter Kinzing hatte mit David Roentgen eine Partnerschaft, bis letzterer seine Werkstatt spätestens um 1795 aufgab. Die Werkstatt der Familie Kinzing arbeitete jedoch weiter, obwohl der Zugang zu internationalen Märkten bedingt durch die wegfallende Tätigkeit von Roentgen und die Einschränkungen der Französischen Revolution, geschweige denn die späteren Wirkungen der Napoleonischen Kriegen, ausblieb. Man kann annehmen, dass die Firma Kinzing noch einen beträchtlichen Vorrat an Uhrwerken in fertigem oder halbfertigem Zustand besaß, der auch aus ökonomischen Gründen über anderen vermarktet werden musste. Von der Nachfolgegeneration existiert ein Aufkleber in einer Uhr, die um 1810-20 zu datieren ist: Gebrüder Kinzing und Comp. in Neuwied empfehlen sich mit einem vollständigen Assortiment Uhren eigener Fabrike, nemlich: Musik= Centrifugal=, und Aequations= Uhren mit Compensations= Pendel…… Dieses Sortiment erinnert stark an die Uhren, die in Verbindung mit Roentgen fast 20 Jahre früher geliefert wurden, und wahrscheinlich aus jener Zeit noch auf Lager waren. Diese Uhr von Hauchar (lt. Tardy S.292: Charles-Guillaume. Paris. Meister. Trinité. 1778. sowie Paris. Quai de la Monnaie, 1812. Quai Conti, 1820-30) stellt das erste bekannte Beispiel einer französischen Großuhr mit einem Zifferblatt nach Franklin dar. Obwohl Benjamin Franklin mehrere Jahre in Paris verweilte und in der intellektuellen Pariser Gesellschaft eine gefragte Persönlichkeit war, sind bis dato sonst keine französischen Uhren mit Franklin-Zifferblatt bekannt geworden. Er war in Paris, als Roentgen und Kinzing auch dort waren, um ihre Produkte bei dem Pariser Adel anzubieten. Ob sie Franklin persönlich kennen lernten, ist nicht bekannt, aber seine Berühmtheit wird ihnen nicht unbekannt geblieben sein, und vielleicht deshalb haben sie eine Uhr "à la Franklin" entworfen und gebaut. Als sie jedoch fertig wurde, blieb der Absatz in Frankreich aus, weil die politische und finanzielle Situation in Frankreich zunehmend instabil wurde. Roentgen verkaufte 1785 seine Niederlassung in Paris und suchte neue Absatzmärkte im Osten. Roentgen und Kinzing hatten allerdings Franklins ursprünglichen Entwurf einer einfachen, preisgünstigen Uhr für die armen Siedler in Nordamerika zu einem sicherlich sehr teueren Präzisionsregulator mit Kompensationspendel in einem (für die damalige Zeit) ultramodernen Gehäuse für sehr betuchte Kunden verwandelt. Ebenfalls exemplifiziert die Uhr von Hauchar in einem sehr massiven, wertvoll bearbeiteten und für die besten zeitgenössischen Präzisionsregulatoren typischen Gehäuse den Wunsch, die Berühmtheit von Franklin mit einem Kompensationspendel erster Güte zu vereinen Quelle: Ian Fowler, Friesenhagen, Oktober 2008 s. Ausstellungskatalog, Kinzing & Co., Innovative Uhren aus der Provinz, Neuwied 2003. S.36 ff, Franklin-Uhren aus Neuwied.

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