Die Eisenbahn und die Zeit

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(siehe auch: Deutsche Bahnzeit, Bahnzeit)

Die Hochseeschifffahrt benötigt zur exakten Bestimmung der geografischen Länge eine exakt Zeitmessung. Die Marinechronometer ermöglichten seit dem frühen 18. Jahrhundert eine bedeutend präziesere Navigation als es bis dahin möglich war.

Das zweite Verkehrsmittel, das auf eine exakte zeitliche Planung angewiesen war, ist die Eisenbahn. Systembedingt kann ein Schienenfahrzeug auf der freien Strecke anderen Zügen nicht ausweichen. Um Auffahrunfälle oder die Begegnung auf freier Strecke verhindern zu können, war man auf genaue Uhren angewiesen. Dabei war es nötig den Lauf aller Uhren entlang einer Eisenbahnstrecke zu synchronisieren. Der genaue Ablauf der Zugfahrten wurde in Fahrplänen festgehalten. Jeder Bedienstete, ob Bahnhofsvorstand, Bahnwärter oder Lokführer, musste sich an der Bahnzeit orientieren.

Schon die Post führte für die Eilpostkutschen ein System zur Synchronisation der Uhren entlang der Strecke ein. Dem Kondukteur der ersten Fahrt des Tages wurde eine exakt laufende "Normaluhr" mitgegeben, die verschlossen in einer eigenen Tasche mitgeführt wurde. Nach dieser Zeit wurden die Uhren sämtlicher Postbeamter der befahrenen Strecke gestellt.

Bei der Eröffnung der ersten öffentlichen Eisenbahn am europäischen Festland, der Pferdeeisenbahn von Linz nach Budweis, wurde dieses Zeitsynchsonisations-System übernommen. Bei den ersen dampfbetriebenen Bahnen erfolgte die Synchronisation der Uhren über optische Telegrafen, die auch für die innerbetriebliche Kommunikation genutz wurde. Später kamen elektrisch ausgelösten Glockensignalen und schließlich elektrische Telegrafen zum Einsatz. Spezielle Signale zu Mittag - zum Beispiel zwölf Glockenschläge - zeigten den Synchronisationszeitpunkt an.

Die einheitliche Zeit galt erst nur innerhalb einer Bahnverwaltung. In der Mitte des 19. Jahrhunderts maß jede Ortschaft ihre Zeit noch nach der Sonne. Die Ortszeitunterschiede spielten bei den geringen Geschwindigkeit pferdegezogener Kutschen keine Rolle. Die überregionale Bahnzeit und die lokale Ortszeit existierten lange nebeneinander. Auf der Kirchturmuhr konnte man die Ortszeit ablesen, und manche profane Uhren waren mit "Bahnzeit" gekennzeichnet. Selbst im Bahnhof selbst existierten teilweise zwei Zeitrechnungen nebeneinander. Am Bahnsteig die Ortszeit für die Passagiere, und hinter den Kulissen die Bahnzeit. Eine Dualität die oft zu Problemen führte.

Mit den Zusammenwachsen der nationalen Linien zu internationalen Netzen entstand jedoch der Wunsch nach einer gemeinsame Zeitmessung. Reiste man mit einem Schnellzug durch Europa, musste man die Uhr mehrmals umstellen, um sich an die verschiedenen Zeitzonen anzupassen. Die Gestaltung der Fahrpläne war dementsprechend kompliziert. Eine endgültige Lösung brachten erst die internationalen Zeitzonen, die ab 1892 schrittweise in Europa eingeführt wurden.


Quelle

Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. Herausgegeben von Dr. Freiherr v. Röll


weiterführende Informationen

Eisenbahnzeit bei wikipedia

Viktor v. Röll bei wikipedia