Über den Wert von Uhrmachergehilfinnen

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Über den Wert von Uhrmachergehilfinnen

Wie stehen Sie zur Frage der Fachgehilfin?

Einer Anregung des Fachausschuß ,Uhren-Technik` der KdT folgend, veröffentlichen wir einen Vorschlag, der sich mit der Wiedereinführung des Berufes der Uhrmacher-Fachgehilfin befaßt. Der Vorschlag wird zweifellos das Interesse der Kollegen erwecken. Wir bitten deshalb um eine rege Diskussion und um Zuschriften.

Die Redaktion

In der letzten Sitzung des Fachausschuß ,Uhren-Technik` der Kammer der Technik wurde der Antrag eingebracht und angenommen, den Beruf der Uhrmacher-Fachgehilfin als anerkannten Fachberuf wieder einzuführen. Vor dem Kriege war dieser Beruf anerkannt. Die Erfahrungen damit waren sehr befriedigend. Auch heute liegt ein dringendes Bedürfnis vor, diesen Beruf wieder als Fachberuf zur Anerkennung zu bringen. Es fehlt ganz allgemein an Uhrmachergehilfen. Aus diesem Grunde sollte man ihre wertvolle Arbeitskraft entlasten und den Uhrmachergehilfen von allen Arbeiten befreien, die auch von nicht vollausgebildeten Fachkräften ausgeführt werden können. Zweifellos würden damit die Leistungen der Uhrmachergehilfen wesentlich gesteigert werden. Von besonderem Wert ist dabei die Tatsache, daß sich für die Hilfsarbeiten in der Werkstatt des Uhrmachers Frauen sehr gut eignen, während die Frauen als voll ausgebildete Uhrmacher oft versagen, sobald sie Arbeiten an den Kleinuhren ausführen sollen. Ausnahmen bestätigen nur die Regel.

Die Ausbildungszeit für Uhrmacherfachgehilfinnen soll zwei Jahre betragen; ist Befähigung und Lust vorhanden, als Volluhrmacher ausgebildet zu werden, so muß diese Möglichkeit durch einen anschließenden (gegebenenfalls in seiner Dauer gekürzten) Lehrvertrag gegeben werden. Welche Kenntnisse und Fähigkeiten sind nun von den Uhrmacher-Fachgehilfinnen zu fordern?

  • Kennen und Beurteilen der Werk- und Hilfsstoffe, ihrer Eigenschaften und Verwendungsmöglichkeiten
  • Auseinandernehmen und Zusammensetzen von Groß- und einfachen Uhren
  • Hilfsarbeiten beim Zusammensetzen von Uhren
  • Reinigen von Uhren und Bedienen der Reinigungsmaschinen
  • Gehäuse polieren, Ansatzbänder befestigen, Gläser aufsetzen, Formgläser einschleifen oder einfeilen
  • Bügel ersetzen, Krone ersetzen, Zeiger aufsetzen, Auffrischen von Zifferblättern
  • Regulieren von einfachen Groß-, Taschen- und Armbanduhren
  • Führen der Ersatzteile-Kartei und Einordnen und Bestellen von Ersatzteilen
  • Kennzeichnen der Reparaturen durch Reparaturnummern
  • Führen des Reparaturbuches
  • Annehmen und Abgeben der Reparaturen
  • Versenden und Verpacken von Uhren
  • Führen der Uhren-, Kunden- und Lagerkartei.

Die Tätigkeit der Uhrmacher-Fachgehilfinnen wird im Sitzen und Stehen ausgeführt, deshalb sind als körperliche Voraussetzungen zu fordern: Normaler Körperbau, gesundes Rückgrat, gesunde Füße, gesunde Lunge und Unterleibsorgane, normale Sehschärfe. Handschweiß und Neigung zu Schwindel und Krampfanfällen sind ausschließend. Als Ausbilder sind nur Uhrmacher zugelassen, die die Meisterprüfung abgelegt haben bzw. die die Anleitungsbefugnis zur Lehrlingsausbildung besitzen. Es muß eine gut eingerichtete Werkstatt, verbunden mit Ladengeschäft, vorhanden sein. Uhrengeschäfte, die keine Gehilfen beschäftigten, dürfen nur einen Lehrling einstellen, für je drei weitere Gehilfen darf ein weiterer Lehrling eingestellt wenden. Es ist ein Ausbildungsvertrag nach dem amtlich vorgeschriebenen Formular auszufertigen. Nach Ablauf des ersten Lehrjahres ist eine Zwischenprüfung abzulegen. Dabei ist als Arbeitsprobe zu fordern: Arbeiten an äußeren Teilen von Uhren, Auseinandernehmen und Zusammensetzen von Großuhren, Führen der Ersatzteil-Kartei, Annehmen und Abgeben von Reparaturen. In der Kenntnisprüfung, die mündlich und schriftlich abzunehmen ist, sind Fragen aus der Fachkunde und einfache Rechenaufgaben zu stellen. Die Abschlußprüfung besteht aus der praktischen Prüfung und der Kenntnisprüfung. In der praktischen Prüfung muß der Lehrling nachweisen, daß er die vorgeschriebenen Arbeiten an Uhren ausführen kann, und daß er darin durch fortgesetzte Übung Sicherheit erlangt hat. Z. B. Reparatur eines Weckers mit Ersatz einiger Lager und Einrichten der Hemmung. In der Kenntnisprüfung ist zu, prüfen in Fachkunde, Fachrechnen und Gesellschaftslehre. Für die Arbeitsprobe wird vorgeschlagen: Auseinandernehmen und Zusammensetzen einer Gro߬uhr mit Schlagwerk; Zusammensetzen einer Armbanduhr vom Federhaus bis zum Hemmungsrad; Reinigen einer Kleinuhr, Lagerkartei und Führen des Reparaturbuches. Fachkunde: Kenntnis der Arbeitsgeräte und Maschinen, Verwendung der Werk- und Hilfsstoffe, Kenntnis der Giftvorschriften und sonstigen Unfallverhütungsvorschriften, Warenkunde und Warenpflege. Erkennen der: Art der Werke, Ankeruhr, Zylinderuhr, Stiftenhemmung, Zahl der Steine, Uhren mit Selbstaufzug und sonstigen Nebenwerken wie Kalender, Chronograph, Wecker usw. Gehäusearten und Kenntnis der Metalle (Edelmetallgesetz). Schlagwerkarten, unzerbrechliche Zugfedern und Gläser, antimagnetischen Uhren (Nivaroxspiralfedern), Stoßsicherung. Über die Abschlußprüfung ist ein Zeugnis auszustellen. Der Beruf als Fachgehilfin ist sehr vielseitig und kann volle Befriedigung bieten, Er vermeidet die Einwirkungen, die nach den bisherigen Erfahrungen den Frauen Schädigungen zufügen, wie zu starke Nervenanspannung, ständiges Sitzen in vorgebeugter Körperhaltung (Lunge und Unterleibsorgane), Überlastung der Augen, Blutstauungen und Kopfschmerzen

FEINMECHANIK UND OPTIK • HEFT 8 • 1955