Paul Biber und „seine“ Uhrmacherschule hilft beim Wiederaufbau der Uhrenindustrie
Verrückte Zeit
Es war eine verrückte Zeit, einige Betriebe waren zerstört und die noch betriebsbereit waren, wurden ausgeräumt, weil ja fast alle Betriebe Teil der Rüstungsproduktion waren, z.B. Herstellung von Zünder für Bomben. Die ganzen Maschinen, Werkzeuge, Zeichnungen und Produktunterlagen gingen als Reparationsleistungen nach dem Osten. Es gab kaum etwas zu Essen, aber es war Frieden! Es konnte nur noch besser werden! Paul Biber kämpfte um den Erhalt der Ausbildungsstätte Deutsche Uhrmacherschule „Seiner Schule“. Zum Glück gab es die weitsichtige Entscheidung der russischen Kommandantur, dass die Schule schnell wieder für Ausbildungszwecke genutzt werden sollte. Allen Unzulänglichkeiten zum Trotz und mit viel Willen, Einsatzbereitschaft und Organisationstalent gelang es schon im Juni 1945 mit der Wiederaufnahme einer regulären Ausbildung an der Deutschen Uhrmacherschule. Die Ausbildungsmöglichkeiten waren zwar eingeschränkt, da in der DUS auch ein Behelfskrankenhaus eingerichtet wurde, aber bei viel gutem Willen war diese doppelte Nutzung notwendig und möglich. Nach der Demontage der Betriebe in Glashütte wurden für den Neuanfang Ideen, Teile, Werkzeuge, Materialien, Vorrichtungen und Maschinen benötigt. Hier war Paul Biber ein fachkompetenter und hilfsbereiter Ansprechpartner. Was er mit seinen Schülern und seinen Maschinen uneigennützig für den Produktionsanlauf in den Betrieben beisteuerte war enorm. Paul Biber half somit der Glashütter Industrie wieder auf die Beine. Dabei ist zu beachten, dass sich das Klientel der Schüler in der Abteilung Mechanik an der DUS nach dem Krieg verändert hatte. Es war bunt gemischt – da waren jugendliche Kriegsrückkehrer, Abiturienten ohne Studienplatz, jugendliche Umsiedler und Schulabgänger mit mittlerer Reife Das stellte neue Forderungen an die Ausbildung hinsichtlich einer größeren Differenzierung in Bezug auf das Leistungsniveau als auch das Beachten und Eingehen auf soziale und leistungsmäßige Unterschiede. Hierbei galt es mit pädagogischem Geschick Spannungen zwischen den Schüler abzubauen und durch individuelle Förderung möglichst alle Schüler zum Ausbildungsabschluss zu führen.
Normalisierung
Dass diese Schüler in die Lage versetzt wurden, komplizierte feinmechanische Geräte in Ihrer Ausbildung für sich sowie für die Glashütter Betriebe herzustellen, zeugt von einem bestens fachlich und pädagogisch agierendem Lehrpersonal, allen voran in der Abteilung Feinmechanik, ihrem Leiter Paul Biber. Ganz in diesem Sinne präsentierte Paul Biber mit ausgewählten Schülern seiner Abteilung anlässlich des „Pädagogischen Kongresses“ am 8. September 1947 in Leipzig den Kongressteilnehmern Ausbildungskonzepte und Ausbildungsprodukte. Langsam normalisiert sich das Leben in Glashütte, die Menschen wurden wieder zuversichtlicher. Paul Biber freute sich über den Frieden, über den Nutzen seiner Arbeit, gut ausgebildete Feinmechaniker und Uhrmacher sowie viele Produkte für den Aufbau der Glashütter Uhrenindustrie, über erste Erfolge der besseren Versorgung mit Lebensmitteln und über die neue größere Wohnung. Auch die Lehrer fanden Zeit für einen gemeinsamen Ausflug.
© Dr. Jörg Biber