HANHART AG/de
(siehe auch: Hanhart)
Schweizerisch-deutsche Uhrenmanufaktur
1882 eröffnet Johann Adolf Hanhart in Diessenhofen (Schweiz) ein Uhren- und Bijouteriegeschäft. In den sehr schweren Jahren des Aufbaus vom Einmannbetrieb zum mittleren Unternehmen müssen als Saisonausgleich andere Artikel dazugenommen werden. Weil Hanhart die Entwicklungsmöglichkeiten für die Firma in Diessenhofen als zu gering ansieht, verlegt er 1902 seinen Betrieb nach Schwenningen im Schwarzwald (zu dieser Zeit eine deutsche Uhrenhochburg), wo er die Einzelhandelssparte einer Uhrenfabrik übernimmt.
Produktion von Uhren und Stoppuhren
1920 nimmt Johann A. Hanhart seinen jüngsten Sohn Wilhelm Julius mit in den Betrieb auf. Der junge Hanhart sieht in dem Handels-Geschäft des Vaters eine zu geringe Perspektive und versucht dem Betrieb eine andere Richtung zu geben. Er kauft eine Monatsuhren-Fabrikation auf und versucht diese auszubauen. Diese Uhren werden mit wechselndem Erfolg exportiert, die Produktion wird jedoch nach vier Jahren eingestellt. Der sportbegeisterte Wilhelm Julius Hanhart sucht weiter nach Marktchancen und erkennt, dass in den zwanziger Jahren auf dem deutschen Markt keine preiswerten Stoppuhren vorhanden sind. Gemeinsam mit einem Uhrmacher konstruiert und fabriziert er eine preiswerte mechanische Stoppuhr mit Stiftankerwerk und bringt diese 1924 auf den Markt. Diese Stoppuhr ist ein durchschlagender Erfolg und drückt damit den Startknopf für die im Stoppuhrensektor bis heute führende Marke. Das Uhren- und Bijouteriegeschäft wird bis zum Ableben des Firmengründers Johann A. Hanhart (1932) nebenbei weitergeführt. Nach dem Tod des Vaters konzentriert sich Willy Hanhart auf die Herstellung der Stoppuhren.
1934 wird ein weiterer Betrieb in Gütenbach (Schwarzwald) gegründet. Anfangs werden die ersten Kleinuhren in den Kellerräumen des Hauses der Frau Hulda Faller produziert. Bald hat die Firma Hanhart auch in Gütenbach ein eigenes Produktionsgebäude. Die Stoppuhrenproduktion wird intensiviert und spezielle Ausführungen für verschiedene Sportarten entwickelt. 1935 folgt die Markteinführung der komplizierten Doppelzeigerstoppuhr. Neue und immer aufwändigere Modelle gehen in Produktion, so auch der Superschnellschwinger mit seiner Unruh-Frequenz vn 360'000 A/h, mit dem Hanhart als einer der ersten Hersteller die Messung von Hunderstel-Sekunden möglich machte.
1938 markiert in der Geschichte des Unternehmens den Beginn einer neuen Epoche – das erste Modell der Hanhart-Chronographen geht in Serie: Der Eindrücker-Chronographen Kaliber 40, der bald zum Hauptprodukt der Firma werden sollte und in den 1990er Jahren in seiner Neuauflage als Modell Primus ein begehrtes Sammler- und Liebhaberstück geworden ist. 1939 folgen die legendären Fliegerchronographen Kaliber 41 und Tachy Tele – mit einem rot lackierten Drücker, um vor unbeabsichtigtem Rückstellen zu bewahren. Von 1939 bis 1945 muß die Produktion von Uhren zugunsten der Produktion von Zeitzündern für Torpedos eingeschränkt werden. Von 1945 bis 1948 wird der Betrieb zwangsweise stillgelegt.
Willy Hanhart kehrte nach dem II. Weltkrieg nach Baden-Württemberg zurück, um seiner Firma nach der Demontage durch die Besatzungstruppen neues Leben einzuhauchen. 1948 kann die Produktion von Chronographen wieder aufgenommen werden. Im Auftrag der Franzosen stellt Hanhart den Chronographen „Admiral“ her – speziell für Ärzte und Offiziere. Die deutsche Bundesmarine wird mit Präzisionszeitmessern beliefert. Anfang der 50er Jahre läuft die Produktion bereits wieder auf Hochtouren. Hanhart konzentriert sich vermehrt auf die Herstellung mechanischer Stoppuhren und bringt gleichzeitig mehrere innovative Fabrikate wie Zeitschaltuhren oder den Armbandwecker „Sans Souci“ auf den Markt.
Hanhart nimmt 1963 eine weitere Produktionsstätte in Betrieb. In Deutschland werden praktisch in allen Schulen und Sportvereinen Hanhart-Stoppuhren für die Zeitmessung verwendet; der Breitensport dieser Zeit ist ohne die Produkte der Marke undenkbar. Aber auch Sportveranstaltungen und internationale Autorennen greien auf die Zeitmesser aus Gütenbach zurück. 1972 bricht das Zeitalter der Quarzuhren an. Hanhart errichtet eine eigene Kunststof-Spritzerei und entwickelt ein Quarzwerk, das millionenfach vertrieben wird. Als aus Fernost die ersten billigen Quarzwerke auf den Markt gelangen, verstärkt sich der Preisdruck, die Absatzmengen gehen zurück. Die Gütenbacher parieren die Offensive aus dem Fernen Osten und entwickeln 1981 ein neues preisgünstiges Werk. Vom Kaliber 3305, das 1982 in Produktion geht, werden rund 40 Millionen Stück verkauft.
Mit der Wiederentdeckung des klassischen Handwerks in der Uhrenwelt greift Hanhart in den 90er Jahren auf eine weitere, eigene Pionierleistung zurück: Auf der Antikmesse in Furtwangen wird im August 1997 der legendäre Hanhart-Fliegerchronograph 1939 als Replika vorgestellt. Mit größter Sorgfalt wurden sämtliche Gehäuse- und Zifferblattdetails des Originals kopiert, vom alten Hanhart-Schriftzug bis hin zum asymmetrischen Drückerversatz. Die auf 2500 Stück limitierte Edition ist in kurzer Zeit bereits ausverkauft. Beflügelt von diesem Erfolg legen die Gütenbacher mit der Fertigung des Fliegerchronographen „Tachy Tele“ gleich nach. Die grosse Nachfrage bestärkt die Marke darin, alle legendären Uhrenmodelle neu aufzulegen.
Hanhart-Uhren entwickeln sich mehr und mehr zu exklusiven Objekten für Sammler und Liebhaber edler Präzisionsuhren. Im Jahr 2003 folgt der Eindrücker-Chronograph Primus. Das deutsche Unternehmen wird aber auch zum Pionier der Gegenwart und lanciert 2004 das Modell „Dornier by Hanhart“. Sein Initiator ist Irén Dornier, der Enkel des berühmten Flugzeugkonstrukteurs Claude Dornier. Er lässt in Gütenbach einen Chronographen konstruieren, der dem legendären Flugboot Do-X gewidmet ist und ihn auf einer Reise der besonderen Art begleitet: Irén Dornier fliegt mit dem Hanhart-Chronographen am Handgelenk in einem historischen Wasserflugzeug einmal um die Erde. 2006 wird die Chronographenlinie um die Modelle Red X & "Red X Red" erweitert; des weiteren nimmt sich Hanhart wieder verstärkt seiner Armbanduhrengeschichte an und baut auch diese Kollektion um das Modell Poseidon aus.
Heute: Stoppuhren und exklusive mechanische Präzisionsuhren
Heute produziert A. Hanhart GmbH & Co. KG, Gütenbach elektronische und mechanischen Stoppuhren, aber auch Dashboard-Instrumente. 2008 wird die Weltneuheit „Tachymaster“ vorgestellt: Eine Uhr, die passionierten Oldtimer-Rallyefahrern ein völlig neuartiges, innovatives Werkzeug mit auf die Strecke gibt. Die Uhr zeigt die zu fahrende Strecke an und lässt so die Schnittprüfungen viel einfacher bewältigen. Mit der Lancierung der Tachymaster für Oldtimer-Rallyes unterstreicht die traditionsreiche deutsche Uhrenmanufaktur ihre führende Stellung als wichtigster Stoppuhrenhersteller Europas.
Konzentration auf die Kernkompetenz: Hanhart AG in Diessenhofen
Anfang 2008 wird im Thurgauer Städtchen Diessenhofen die Hanhart AG für die internationale Positionierung und Vermarktung der Stoppuhren und Armbanduhren gegründet. An dem Ort, an dem Johann Adolf Hanhart 1882 sein Uhrengeschäft eröffnete und damit die Geschichte des Hanhart-Unternehmens begründete. Per 1. Oktober 2010 übernimmt Thomas Morf die Leitung von Hanhart, gleichzeitig wird die Schweizer Gaydoul Group AG Mehrheitsaktionärin der schweizerisch-deutschen Uhrenmarke. Heute bietet Hanhart neben dem umfassenden Sortiment an Zeitmessgeräten für Sport und Industrie die Armbanduhren-Kollektionen Pioneer, Primus und die Kollektion hochwertiger Stoppuhren ClassicTimer. Die Modelle der Kollektion Pioneer basieren in ihrer Gestaltung und Technik auf der langen Tradition und den legendären Chronographen des Hauses Hanhart. So weisen sie unter anderem den unverwechselbaren roten Rückstelldrücker, die typische "bicompaxe" Anzeigenform sowie die asymmetrische Drückeranordnung auf, welche bei Hanhart seit Beginn zur Anwendung gelangten. Wie alle Uhren von Hanhart zeichnen sie sich durch perfekte Funktionalität und optimale Ablesbarkeit aus.
In enger Zusammenarbeit mit den hauseigenen Ateliers in Gütenbach und hoch spezialisierten Zulieferern aus der Schweizer Uhrenbranche wurde zudem 2009 unter dem Namen Primus eine neue Kollektion mechanischer Chronographen entwickelt. Diese verbindet historische Elemente mit modernster Technik und progressivem Design. Die Modelle Pilot, Racer und Diver basieren alle auf der Kernkompetenz der Marke: die Fertigung von Instrumentenuhren für den Einsatz zu Luft, zur Erde und zu Wasser. Nach wie vor bilden auch hochwertige mechanische Stoppuhren unter dem Namen ClassicTimer, die in zahlreichen Arbeitsschritten in der Manufaktur in Gütenbach gefertigt werden, ein wichtiges Produktsegment von Hanhart. Sie gelangten früher unter anderem bei allen wichtigen Autorennen zum Einsatz und sind heute bei ambitionierten Oldtimer-Piloten beliebte Rallye-Begleiter.
Vixa
Hanhart-Flyback Uhren gingen in den 1950er Jahren wieder in Produktion. Unter der Auftragsnummer 5100 54 wurden In den Jahren 1954/55 circa 5000 Flyback Chronographen unter dem Markennamen VIXA an die französische Luftwaffe, die "L'Armee de l'Air" geliefert.
Weiterführende Informationen
Uhrenmodelle
Uhrwerke
Archiv
Literatur
- Titel Exzellenz in der Nische: Ateliers und Manufakturen im Portrait; Autor: Michael Brückner, ISBN 3938175524, ISBN 978-3938175521
- Lexikon der Deutschen Uhrenindustrie 1850 - 1980 : Firmenadressen, Fertigungsprogramm, Firmenzeichen, Markennamen, Firmengeschichten.; Autor: Schmid, Hans Heinrich
- 1. Auflage (2005): Herausgeber: Förderkreis Lebendiges Uhrenindustriemuseum e.V.; ISBN 3927987913 ISBN 978-3927987913
- 2. Auflage (2012): Herausgeber: Deutsche Gesellschaft für Chronometrie (DGC); ISBN 978-3-941539-99-0
Anschrift
HANHART AG
Hauptstrasse 17
Postfach 161
8253 Diessenhofen
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