Harrison, John
(siehe auch: Harrison)
Englischer Uhrmacher und Erfinder
John Harrison wurde am 24. März 1693 (getauft 31. März 1693 in Foulby bei Wakefield, Yorkshire) als Sohn eines Zimmermanns geboren. Das Uhrmacherhandwerk erlernte er autodidaktisch. Zusammen mit seinem Bruder James Harrisson beschäftigte sich Harrison intensiv mit Uhren.
Er entwickelte das temperaturkompensierende Rostpendel sowie das Gegengesperr, welches auch während des Aufzuges von Gewichtsuhren den Kraftfluss zum Ankerrad nicht abreißen lässt.
Der Wettbewerb zur Längen- und Positionsbestimmung auf See
Im Jahre 1714 setzte das englische Parlament die hohe Belohnung von 20.000 Pfund Sterling aus, für denjenigen, der es schafft, ein geeignetes Messinstrument zu erfinden, mit dem man die geographische Länge genau bestimmen kann, denn das große Problem war immer noch die Zeitmessung und Positionsbestimmung auf See.
Mit Hilfe von optischen Instrumenten konnte die Ortszeit aus der gemessenen Höhe von Sonne oder Sternen schon lange errechnet werden. Aus der Ortszeit allein war jedoch noch nicht die Position des Schiffes zu bestimmen. Aus der Mittagshöhe der Sonne ließ sich z.B. zwar der Breitengrad ermitteln, nicht aber der Längengrad.
Für die Verwaltung des Preisgeldes und zur Beurteilung eingereichter Vorschläge wurde die Kommission "Board of Longitude" eingerichtet.
Harrisons erster Seechronometer H1 wurde im Jahre 1735 fertiggestellt und war 54 cm hoch sowie 33 Kilogramm schwer. Bei diesem ersten Modell wurden Temperaturschwankungen durch Bimetall kompensiert. Schiffsbewegungen wurden dadurch ausgeglichen, indem zwei identische Pendel durch eine Feder miteinander verbunden waren, einer Nachahmung des Kreuzschlagprinzips.
Eine Testfahrt vom 19. Mai 1736 bis 26. Mai 1736 fuhr Harrison mit dem Schiff "Centurion" nach Lissabon und zurück wies eine weitaus höhere Genauigkeit auf, als für die Erlangung des Preises vorgeschrieben war. Jedoch hatte die Reisedauer nicht den Bedingungen der Ausschreibung entsprochen. Zudem stand Harrison als wissenschaftlicher Laie einem gelehrten Gremium gegenüber.
Harrison siedelte 1737 mit seinem Bruder nach London über. Es folgten zwei weitere Modelle namens H2 und H3 von ähnlicher Bauart und Größe, welche jedoch nie auf einem Schiff getestet wurden. John und James Harrison bauten zusammen bis 1739 die H2 (66 cm hoch). Dann trennten sich die Brüder. Harrison entwickelte allein die [[H3 (53 cm hoch). Er hoffte, in zwei Jahren damit fertig zu sein, beantragte jedoch erst 1760 die Prüfung. Harrison verwendete nun schon Steinlager mit Schmiermitteln und Bimetallkompensation. Erst mit der H4, die mit nur knapp 13 cm Durchmessern auch weitaus kleiner als ihre Vorgängerinnen war, gelang ihm schließlich der Durchbruch. Auf einer Schiffsreise nach Jamaika ging sie in 81 Tagen nur 5,1 Sekunden nach.
Zurücksetzung seiner Erfindungen und späte Genugtuung
Die Kommission blieb dennoch kritisch und wollte Harrison das Preisgeld nicht auszahlen. Stattdessen musste er die Uhr vor dem Gremium zerlegen und erklären. Ebenso wurde er genötigt, seine Konstruktionszeichnungen zu übergeben, nach denen ein anderer Uhrmacher das Modell nachbauen konnte. Dieser Auftrag ging an den Uhrmacher Larcum Kendall, der dann die H4 kopierte.
Sein nächstes Modell, die H5, mußte Harrison ohne seine früheren Originalpläne bauen. Mit der Hilfe seines Sohnes William gelang es ihm, ein noch weiter verbessertes Exemplar herzustellen. Erst nachdem der König Georg III. das Gerät persönlich getestet und sich für ihn eingesetzt hatte, erhielt Harrison nur wenige Jahre vor seinem Tod das verdiente Preisgeld und die Anerkennung des Board of Longitude.
John Harrison verstarb am 24. März 1776 in London.
Original-Text der Biographie John Harrisson im Lexikon der Uhrmacherkunst
John Harrisson war ein genialer Techniker, der als Autodidakt zum Uhrmacher wurde, geboren zu Foulby bei Pontefract, in der Grafschaft York, im Jahre 1693. Er erlernte das Handwerk seines Vaters, der ein Zimmermann war, nebenher aber auch Uhren reparierte, Grundstücke vermaß und sich mit manchen anderen mechanischen Arbeiten beschäftigte. Dem jungen Harrison machten von Kindheit auf Maschinen, die durch Räderwerke getrieben wurden, viel Vergnügen, und jede Gelegenheit, sich über dieselben größere Kenntnisse zu verschaffen, wurde von ihm eifrigst genutzt, so dass er oft ganze Nächte mit Schreiben und Zeichnen zubrachte. Sehr zu Statten kam es ihm, dass sein Vater im Jahre 1700 nach Barrow in der Grafschaft Lincoln zog, wo ein benachbarter Geistlicher sich des lernbegierigen Knabens annahm. Von diesem erhielt er ein in Saundersons Vorlesungen nachgeschriebenes Heft, welches er mit den darin enthaltenen Figuren sauber kopierte und eifrig studierte. Er vervollkommnete sich nun so in der Uhrmacherkunst, dass er als Erfinder in derselben auftreten konnte.
Harrisons Uhren waren anfänglich mit Holzrädern ausgeführt, welche schmierungsfrei arbeiten. Er erfand das Rostpendel (= eine Temperaturkompensation),die Grasshopper Hemmung, Lager, welche ohne Schmierung funktionieren, ferner die Hilfsfeder, um das Werk während des Aufziehens in Gang zu halten, sowie noch viele andere Verbesserungen an Stand- und Taschenuhren. Im Jahre 1726 hatte er zwei Pendeluhren gefertigt, in welchen die von ihm erfundene Temperaturkompensation (Rostpendel) und die Grasshopperhemmung verbaut waren. Diese Uhren übertrafen alles, was bis dahin an Ganggenauigkeit von ortsfesten Uhren geleistet wurde. Die Gangabweicheung betrug im Laufe eines Monats kaum mehr als eine Sekunde voneinander. Harrison suchte nun eine ähnliche Vervollkommnung bei Seeuhren zu erreichen indem er die Schwankungen des Schiffes und die wechselnden Temperaturen zu kompensieren trachtete. Er erhoffte sich dadurch eine Lösung des Längenproblems (dh. die Feststellung der geographischen Länge während eine Seereise)zu finden, vermutlich auch, weil auf die Lösung dieses Problems ein enormes Preisgeld ausgesetzt worden war. Das Parlament hatte im Jahre 1714 einen Preis von 20000 Pfd. Sterling auf die Erfindung einer Lösung ausgesetzt, die auf einer noch zu bestimmenden Seereise die Längenposition eines Schiffes auf ein halbes Grad oder 30 englische Seemeilen ermögliche. 15000 Lstrl. (20.000 Pfd.) sollte derjenige erhalten, dessen Strategie die Länge bis auf 40 Seemeilen und 10000 Lstrl. der, dessen Strategie die Länge bis auf 60 Seemeilen richtig bestimmen könne. Neben vielen vom heutigen Standunkt verrückt wirkenden Ideen wurden damals vom wissenschaftlichen Establishment astronomische Lösungen favorisiert, welche jedoch stark wetterabhängig und mathematisch äußerst kompliziert waren und zum damaligen Zeitpunkt noch nicht berechnet werden konnten (Monddistanzen). Getragen von der Idee, man könne die Längenbestimmung auf See mit einer sehr genauen Uhr durchführen, entwarf Harrison einen solchen Mechanismus.
Nachdem er einen Entwurf gezeichnet hatte, wie nach seiner Ansicht eine zur Bestimmung der geographischen Länge dienliche See-Uhr auszuführen sei, reiste er im Jahre 1728 nach London, wo er vom 'Board of Longitude' Unterstützung für die Ausführung einer solchen Maschine erhoffte. Als er sich mit seinen Vorstellungen an Edmund Halley, den damaligen königlichen Astronomen, wandte, wurde er von diesem an G. Graham (Uhrmacher) verwiesen, welcher, fasziniert von Harrisons Ideen, ihm riet, seine Uhr erst anzufertigen, ehe er etwas darüber einreiche. Er kehrte nach Hause zurück und kehrte erst im Jahre 1735 mit seiner ersten fertigen See-Uhr wieder nach London zurück. Um diese Uhr prüfen zu lassen, musste Harrison im folgenden Jahre mit derselben an einer Seereise nach Lissabon teilnehmen. Da sich auf dieser Reise die Trefflichkeit seiner Erfindung zeigte, konnten ihm Halley, Graham, Bradley und Smith die ehrenvollsten Zeugnisse nicht versagen. Er erhielt im Jahre 1737 eine vorläufige Unterstützung.
Zwei Jahre später legte er dem 'Board of Longitude' eine zweite, vereinfachte und vervollkommnete See-Uhr, und im Jahre 1741 eine dritte, kleinere, noch einfachere und vollkommenere vor, bei welcher der größte Gangfehler nur 3 bis 4 Sekunden in der Woche betrug. Im Jahre 1749 verlieh ihm die königl. Sozietät die Copley'sche Medaille, die demjenigen verliehen wurde, welcher im Laufe des Jahres die nützlichste Erfindung oder Entdeckung gemacht hatte. Zugleich empfahl die Sozietät ihn angelegentlichst den Kommissaren des 'Board of Longitude'. Obgleich Harrison nicht glaubte, seine See-Uhr zu noch größerer Vollkommenheit bringen zu können, arbeitet er weiter an seiner Erfindung. Eine Taschenuhr, die er 1753 bei John Jefferys in London für sich selbst anfertigen ließ und die überraschend genau ging, bewog Harrison zu einem vollkommen neuen Lösungsansatz. Er beendete die Verbesserungsarbeiten an seiner dritten Uhr und implementierete all seine Forschungsergebnisse in diese neue Uhr. Zur Konstanthaltung der Federkraft am Gang wurde ein Remotoir verbaut, welches die Uhr alle 7 1/2 Sekunden aufzieht. Der Gang ist eine stark modifizierte Spindelhemmung, das Kronrad hat 15 Zähne und die Paletten sind aus Diamant gefertigt. Die Lager sind aus Rubin gefertigt, die ? der Decksteine aus Diamant. Harrison vollendete diese Uhr, welche heute H4 genannt wird, im Jahre 1761; sie hat die Form einer großen Taschenuhr, von ungefähr 6 englischen Zoll Durchmesser. Diese vierte Uhr vereinigte nun alle Vorzüge der früheren und übertraf dieselben. Sie musste nur alle drei Jahre gereinigt werden und hatte einen lageunabhängigen Gang. Sie wurde von ihrem Erfinder vorzugsweise 'timekeeper' (Zeithalter) genannt und von dem 'Board of Longitude' einem nach Jamaika segelnden Schiffe zur Prüfung mitgegeben.
Ungeachtet dessen, dass diese Prüfung ganz zu Harrisons Gunsten ausfiel, erhielt er dennoch nur einen Teil der durch die Parlamentsakte von 1714 bestimmten Prämie. Um ganz sicher zu gehen, ließ das 'Board of Longitude' den Herzog von Nivernais, den damaligen französischen Gesandten am Londoner Hofe, ersuchen, zwei Kommissare aus Paris zur Teilnahme an der Prüfung hinzuzuziehen. Camus und Ferdinand Berthoud wurden dazu erwählt; ihnen gesellte sich noch Lalande hinzu, der damals gerade in London war. Alle drei konnten nicht umhin, Harrisons Genie und Reichtum an Hilfsmitteln zu bewundern. Dennoch fürchteten die Mitglieder des 'Board of Longitude', Vorwürfe vom Parlament zu erhalten, wenn sie nun den ganzen Preis auszahlen ließen; sie ließen deshalb im Jahre 1764 den Sohn des Erfinders, William Harrison, der auch auf der Reise nach Jamaika die Uhr begleitet hatte, noch eine zweite Reise mit derselben nach Barbardos machen, auf welcher die sinnreiche Maschine ihre Trefflichkeit nochmals vollkommen bewährte, da sie größere Genauigkeit zeigte, als sie die Parlamentsakte verlangte. Nun wurde noch von Harrison gefordert, dass er den Kommissaren des 'Board of Longitude' eine ausführliche Beschreibung seiner Uhr geben und einen anderen Uhrmacher in Stand setzen sollte, eine ähnliche Maschine herzustellen. Beides geschah und nun erhielt Harrison endlich den Rest der Hauptprämie vollständig ausgezahlt. Es war hohe Zeit, denn schon hatte Harrison das 75. Lebensjahr erreicht und war durch die vielen Schwierigkeiten, die man ihm gemacht hatte, mit Bitterkeit gegen die Menschen erfüllt. Zwei Jahre später befiel ihn das Podagra und am 24. März 1776 starb er, 83 Jahre alt, an Altersschwäche. Seine drei älteren vor der Erfindung des eigentlichen 'timekeeper' gefertigten Seeuhren (auch See- oder Schiffs-Chronometer) werden als geschichtlich bemerkenswert im königl. Observatorium zu Greenwich aufbewahrt.
Weiterführende Informationen
Literatur
- Lexikon der Uhrmacherkunst, Carl Schulte: Emil Hübners Verlag Bautzen 1902
- 16 Bildnisse hervorragender Uhrmacher nebst deren Lebensbeschreibungen; Autor: Curt Dietzschold; Verlag: C. Dietzscholds Verlag, Krems an der Donau, Nieder-Österreich, 1908
- Watchmakers & Clockmakers of the World; Autor: Baillie, G. H.; ISBN 140679113X
- Sobel, Dava: Längengrad. btb Taschenbuch, 1998. ISBN 3-442-72318-3 und Illustrierte Ausgabe ISBN 3827003644.
(Engl. Orig.: "Longitude", 1995)