Mühle Glashütte/SA: Geht der letzte noch bestehende Familienbetrieb jetzt unter? (ausführlich)
Mühle Glashütte/SA:
Geht der letzte in Glashütte noch bestehende Familienbetrieb jetzt unter?
Glashütte: Die Mühle-Glashütte GmbH hat am 4. Juli 2007 einen Insolvenzantrag gestellt. Als vorläufiger Insolvenzverwalter wurde Helgi Heumann aus Dresden eingesetzt. Der Grund für das Insolvenzverfahren ist die benötigte Rückstellung für eine Vertragsstrafe in Höhe von 63.162.500 Euro. Bei dem Rechtsstreit geht es um die Herkunftsbezeichnung "Glashütte". Bereits in der April/Mai Ausgabe der Zeitschrift „Armbanduhren“ hieß es auf Seite 89: „Nähe erzeugt Reibung. Das erlebt derzeit der Uhrenhersteller Mühle-Glashütte, der sich mit dem Nachbarn Nomos vor Gericht darüber auseinandersetzen muß, wann eine Uhr den Schriftzug ‚Glashütte’ tragen darf und wann nicht. Ein Urteil des Landgerichts München I ((Aktenzeichen: 4 HKO 10520/06) Anmerkung der Redaktion von Watch-Wiki) hat verfügt, daß Mühle vorläufig einen Teil seiner Kollektion weder bewerben noch verkaufen darf. … Über jeden juristischen Zweifel erhaben sind aber offensichtlich die beiden Neuheiten ‚Metior’ und ‚Passagier 1’.“
Nach dem gerichtlichen Vergleich aus dem Jahr 2002 hat Mühle einiges geändert: Ein Beispiel dafür ist die Mühle-typische „Spechthalsregulierung“. Selbst gefertigt und veredelt, erleichtert sie die Feinregulierung des Uhrwerkes und ermöglicht so eine hohe Ganggenauigkeit. Auch die Gründung der GUROFA setzt ein deutliches Signal auf die Neuausrichtung von Mühle.
Die Klägerin NOMOS Glashütte - ein Unternehmen, das übrigens in etwa so groß ist wie Mühle - hat in einem Vergleich angeboten, auf mehr als 99 Prozent der Forderungen zu verzichten. Die Höhe der Vertragsstrafe ergab sich aus der von Mühle selbst vor Gericht angegebenen Anzahl der Verstöße gegen die Glashütte-Regel. Bedingung für einen solchen Vergleich: In Zukunft müsse der Name und die Herkunftsbezeichnung "Glashütte" geschützt, die Regeln auch von Mühle ehrlich und den gerichtlichen Urteilen entsprechend eingehalten werden. NOMOS - Geschäftsführer Uwe Ahrendt: "Es geht hier ausdrücklich nicht darum, ein Unternehmen zu schädigen, sondern es geht um den Schutz von Qualität und Arbeitsplätzen. Nur wer als Uhrenhersteller auch wirklich vor Ort in Glashütte maßgebliche Arbeiten am Werk leistet, schützt das Qualitätsversprechen, das Glashütte Liebhabern guter Uhren gibt, und schafft Arbeitsplätze hier bei uns."
Eigentlich stünde diese Glashütter Firma, deren Ursprung bis in das Jahr 1869 zurück reicht, heute ganz passabel da. Robert Mühle gründete damals den ersten Mühle-Betrieb zur Fertigung feinmechanischer Geräte und Messinstrumente unter dem Namen Robert Mühle & Sohn. Auch die Enteignung und Demontage der Produktionsanlagen im Jahr 1945 hat dieser Betrieb überlebt, denn der Enkel von Robert Mühle, Hans Mühle gab nicht auf. Er gründete bereits ein Jahr nach der Enteignung die zweite Mühle-Firma unter dem Namen Hans Mühle Glashütte deren Leitung der heutige Seniorchef Hans-Jürgen Mühle 1970 übernahm. Mühle kann heute auf einen Jahresumsatz von 5,7 Millionen Euro (2006) verweisen: Das entspricht einer Fertigung von cirka 15.000 Uhren pro Jahr die der Traditionsbetrieb mit 38 Mitarbeitern realisiert. Juniorchef Thilo Mühle hofft auf ein Verfahren bei dem die Arbeitsplätze erhalten werden können.
Unser Fazit: Das Wettbewerbsrecht gilt für alle gleichermaßen, aber besinnt euch auf die Werte von Ferdinand Adolph Lange: Das Miteinander hat Glashütte/Sachsen weit über Deutschlands Grenzen und über zwei Jahrhunderte berühmt gemacht!