Rechenmaschinenfabrik Archimedes: Unterschied zwischen den Versionen
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== Glashütter Rechenmaschinenfabrik Archimedes, Reinhold Pöthig == | == Glashütter Rechenmaschinenfabrik Archimedes, Reinhold Pöthig == |
Version vom 17. September 2015, 00:56 Uhr
(siehe auch: Fischer und Pöthig)
Glashütter Hersteller von mechanischen Rechenmaschinen
Vorgeschichte
Der Uhrmacher Constantin Fischer gründete 1890 eine Werkstatt für Präzisionsuhrmacherei und Feinmechanik in Glashütte. 1899 stieß der Mechaniker Reinhold Pöthig dazu und es gründete sich die Fa. "Fischer & Pöthig". 1900 verließ Fischer die Firma und Pöthig war Alleininhaber. Da er als Mechaniker bei Arthur Burkhardt eine Ausbildung genoss, kannte er sich mit dem Rechenmaschinenbau besstens aus.
Glashütter Rechenmaschinenfabrik Archimedes, Reinhold Pöthig
Pöthig hatte eigene Ideen entwickelt, um den Bau von Rechenmaschinen zu verbessern. Diese ließ er sich patentieren.
In seiner Werkstatt auf der Hauptstraße 7 fertigte er ab 1904 eine eigene Staffelwalzenmaschinen und benannte sie nach dem berühmten griechischen Mathematiker.
Schon zu Beginn war Pöthig bedacht, eine Minimierung und Vereinheitlichung der Bauteile anzustreben, um eine vielfältige Modellpalette aufzubauen und diese zu marktgerechten Preisen anbieten zu können. Ab 1912 firmierte der Betrieb unter dem Namen "Glashütter Rechenmaschinen-Fabrik Archimedes, Reinhold Pöthig". Systematisch ging Pöthig den Weg von der Werkstatt zu einer fabrikmäßigen Serienfertigung und zog 1915 mit der Produktion an einen neuen Standort auf die Altenberger Straße. Die schweren Zeiten von Weltwirtschaftskriese und Inflation überstand die Firma durch eine angepasste moderne Fertigungstechnologie und blieb konkurrenzfähig. 1923 erfolgte sogar eine wesentliche Vergrößerung des Produktionsgebäudes durch einen gigantischen Neubau auf der Altenberger Straße.
Zu jener Zeit beteiligte sich Hans Sabielny (1882-1965), ein weiterer Pionier der Rechenmaschinengeschichte. Er übernahm ab 1920 den Vertrieb der Rechenmaschinen, beginnend im Inland, später weltweit. Mit ausgefeilten Verkaufsmethoden und guten Kenntnissen über die Kundenwünsche begann der Absatz anzusteigen. Sabielny beschäftigte sich auch mit der Konstruktion der Maschinen, so erfand er Umbaumöglichkeiten für aktuelle Maschinen und brachte innerhalb kürzester Zeit neue Modelle auf den Markt (Archimedes E, F und DEaD, alle mit elektrischem Antrieb). Die Schreibweise "ArchimedeS" deutete ab 1927 auf die Mitarbeit von Sabielny hin.
Jedoch kam es zwischen Sabielny und Pöthig zu Unstimmigkeiten, worauf 1932 die Trennung erfolgte. Als Verkaufsleiter und Prokurist stieg 1934 Ulrich Eichler, der Schwiegersohn Pöthigs, in die Firma ein. Einen neuen Chefkonstrukteur erhielt die Rechenmaschinenfabrik 1936. Wilhelm Kiel (1896-1970) leitete erst in Leipzig und später kurze Zeit auch in Glashütte die Fabrikation der "Cordt-Triplex"-Rechenmaschinen. Während seiner Zeit entstanden wegweisende Maschinen. Bis Ende der 1930er Jahre war die Archimedes eine der größten Firmen in Glashütte mit ca. 400 Arbeitern.
Der II.Weltkrieg entzog der Firma viele männliche Arbeitskräfte und unter dem Befehl 124 der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland wurde auch die Fa. Archimedes im Sommer 1945 demontiert. Pöthig wurde enteignet, blieb aber als kommisarischer Treuhänder im Haus.
Sein Schwiegersohn Eichler und der Chefkonstrukteur Kiel setzten sich nach Bayern ab. Sie fanden bei der Fa. "Heinrich Diehl, Nürnberg" eine Anstellung, damit kam auch diese Firma an die Lizenzen der Rechenmaschinenfertigung aus Glashütte. Die Lizenznahme bei Archimedes hatte neben technischen Gründen auch verkaufsstrategische Vorteile. Viele Jahre nutzten die Diehl-Maschinen das weltbekannte Archimedes-Firmenlogo. Bis zur Einstellung der Fabrikation von Staffelwalzenmaschinen 1965 war die Fa. Diehl damit wirtschaftlich erfolgreich und die Archimedes-Maschinen wurden zur höchsten Reife weiterentwickelt.
VEB Archimedes Rechenmaschinenfabrik Glashütte/Sachsen
Nach der Demontage 1945 und der Überführung in Volkseigentum erhielt die Firma ab 1946 einen neuen Namen "VEB Archimedes Rechenmaschinenfabrik Glashütte/Sachsen". Der Neubginn nach dem II. Weltkrieg war mühsam und verlangte, wegen der katastrophale wirtschaftliche Situation, viel Mut von den Verantwortlichen. Eine Abwanderung weiterer Fachleute in den Westen trug nicht zur Verbesserung der Lage bei. Zum Jahresende 1946 wurden die ersten vier Probemaschinen fertiggestellt und somit der Grundstein für den Neuaufbau dieses Industriezweiges gelegt. Langsam lief die serienmäßige Fertigung wieder an. Einen großen Anteil daran hatte der neue Chefkonstrukteur Hellmut Hänsgen. Nun wurden wieder Vorkriegsmodelle gefertigt mit neuer Produktbezeichnung. Weitere konstruktive Verbesserungen wurde an den Maschinen vorgenommen. 1960 verließ die letzte Archimedes-Staffelwalzenmaschine Glashütte. Im Anschluss wurden bis 1991 Teile für die Schreibmaschinenindustrie hergestellt.
Produkte
Die Rechenmaschinen bekamen die Bezeichnungen "Archimedes A und B". Nach den ersten zwei Modellen kam ab 1913 die "Archimedes C" und "D" auf den Markt. Diese Maschinen hatten nur noch ein Gewicht von sieben Kilogramm und die Ablesbarkeit des Ergebnisses konnte durch enger stehende Zahlen verbessert werden.
Die Tradition dieser Modellbezeichnungen wurde fortgesetzt, so dass von 1904 bis 1960 folgende Buchstaben genutzt wurden: A, B, C, D, E, F, G, H, K, L, M, N, P.
In den 1920er Jahren durch den Einfluss von Sabielny wurden neue Modelle mit elektrischem Antrieb hergestellt (Archimedes E, F und DEaD).
Nach dem II. Weltkrieg wurden die Vorkriegsmodelle "H", "L" und "GEM" gefertigt, allerdings unter neuen Produktbezeichnungen „NEL 15" oder "PEM", welche konstruktive Verbesserungen erhielten (1952 - "NEL18" - kegelförmige Ziffernräder; "PEM" - Ausführung als Schnellautomat mit 500 U/min). Eine letzte Entwicklung war die "PA-18" im Frühjahr 1959 als Vollautomat mit Multiplikation über eine Tastatur.
Innerhalb der knapp 60 Jahre Rechenmaschinenfertigung wurden 42 Maschinentypen entwickelt und produziert und somit ca. 85.000 Exemplare hergestellt. Der Verkauf erfolgte in 27 Länder, nach dem II. Weltkrieg hauptsächlich nach Frankreich und in die CSSR.
Weiterführende Informationen
Literatur
- Spuren der Zeit, Deutsches Uhrenmuseum Glashütte, 2010
- Glashütte/Sachsen 1506 bis 2006 , 500 Jahre Stadtgeschichte, Herausgeber: Stadtverwaltung Glashütte, ISBN 3-937951-31-8