Astronomische Uhr zu Stralsund
Die astronomische Uhr zu Stralsund
Hinter dem Hochaltar im St.-Nikolai-Kirche von Stralsund befindet sich eine Astronomische Uhr, die 1394 durch Nicolaus Lillienveld gebaut wurde. Sie ist die älteste fast vollständig erhaltene astronomische Uhr im Ostseeraum. Aus finanziellen Gründen ist es der Kirchgemeinde nicht möglich, das Uhrwerk laufen zu lassen - die Unterhaltskosten und das Risiko eines Verlustes von Originalteilen wären zu hoch.
Unter dem 3,5 Meter breiten und 4 Meter hohen Ziffernblatt findet sich die lateinische Inschrift:
- „Anno mcccxciiii In die sancte nicolai completum est opus per nicolaum lillienueld orate pro factoribus et largitoribus qui cum diligencia compleuerunt.“
Im Deutschen bedeutet dies:
- „Im Jahre 1394, am Tage des Heiligen Nikolaus, ist dies Werk fertiggestellt durch Nikolaus Lillienfeld. Betet für die Verfertiger und Schenkgeber, welche es mit sorgendem Fleiß geschaffen haben!“
Das von einem verzierten goldenen Rahmen umgebene Ziffernblatt zeigt die Zahlen der 12 Stunden in gotischen Minuskeln zweimal: Auf der vom Betrachter linken Seite von unten nach oben und auf der rechten Seite von oben nach unten. Somit zeigt die Uhr alle 24 Stunden des Tages an. Zudem ist der Tierkreis auf einem metallenen Gürtel dargestellt. Dieser ist an einem Zeiger befestigt und zeigt beim Weiterlauf das jeweils aktuelle Tierkreiszeichen.
In den vier Ecken des Ziffernblattes hat der Künstler die vier Weltweisen dargestellt:
- Links oben Claudius Ptolemäus (Spruchband: „ptolemeus Inferiora reguntur a superioribus“, zu deutsch „Ptolemeus. Das Niedere wird vom Höheren gelenkt.“
- Rechts oben steht Alfons X. von Kastillien (Spruchband: „alfoncius Motus solis et planetarum in obliquo circulo est.“, zu deutsch: „Alfoncius. Die Bewegung der Sonne und der Planeten findet in einem schrägen Kreise statt.“
- Links unten steht der Astronom Hali (Spruchband: „hali Dies est elevacio solis super oricontem.“, zu deutsch: „Hali. Der Tag ist die Erhebung der Sonne über den Horizont.“
- Rechts unten der Astronom Albumacar (Spruchband: „albumacar Sapiens vir dominabitur astris.“, zu deutsch: „Albumazar. Ein weiser Mann wird herrschen über die Gestirne.“
Der Untersatz der Uhr enthält eine Figur, die, den Morgen darstellend, eine Tür öffnet. Das Spruchband daneben verrät: „Post deum omnium viuencium vita sol et luna.“ (zu Deutsch: „Nächst Gott bildet den Ursprung aller lebenden Geschöpfe die Sonne und der Mond.“ Eine andere Figur, den Abend darstellend, schließt eine Tür. das dazugehörige Spruchband sagt: „Matutinae horae immensa munera sed sepe male finiunt.“, zu Deutsch: „Der Tag bietet in der Frühe reiche Gaben, endet aber oft übel.“
Seitlich am Uhrgehäuse sind einige ausgeschnitzte Fenster vorhanden, andere sind nur aufgemalt. Auf der südlichen Seite hat sich der Uhrmacher selbst, aus dem Fenster schauend, dargestellt. Fachwissenschaftler nehmen an, dass dies das älteste Porträt eines Uhrmachers weltweit ist.
Die Uhr zeigte den Gottesdienstbesuchern bis zum 10. April 1525 die Zeiten an, seitdem steht die Uhr.
Übersetzung: Ernst Uhlemann in: Die Stralsunder St. Nikolaikirche. 2. vermehrte Auflage. Verlag der Königlichen Regierungs-Buchdruckerei, Stralsund 1924. [1]