Bill, Max
Schweizer Maler, Bildhauer, Architekt, Designer und Politiker
Der Schweizer Maler, Architekt, Möbeldesigner und Kunsttheoretiker Max Bill war ein Hauptvertreter der „Konkreten Kunst“. Seine Werke entstanden ohne äußere Orientierung an die Natur und abstrahieren auch nicht von ihr. Sie sind geprägt von einem funktions- und materialgerechten Charakter. Ab dem Jahr 1945 entwarf er alltägliche Gebrauchsgegenstände, für die er in ihrer künstlerischen Kreation den Begriff „Produktform“ prägte.
Biographie
Max Bill wurde am 22. Dezember 1908 in Winterthur (Schweiz) geboren. In seiner Jugend wird er 1923 in das Erziehungsheim Oetwil am See eingewiesen. Ein Jahr später, 1924, beginnt er eine Lehre als Goldschmied an der Kunstgewerbeschule Zürich, die er 1927 erfolgreich beendet. Im Rahmen dieser Ausbildung begibt er sich 1925 auf eine Studienreise nach Paris. Dort entstehen erste Kontakte zu Le Corbusier, Melnikow.
Am Bauhaus Dessau studierte Bill ab 1927 als Schüler von Walter Gropius. 1928 ging er nach Positano (Italien) bevor er 1929 nach Zürich übersiedelte. Dort verwirklichte er sich als Maler, Plastiker, Grafiker, Publizist und Architekt. 1930 wirkte er sogar in dem Kabarett „Der Krater“ mit.
1931 heiratet Max Bill Binia Spoerri.
Von 1932 - 36 ist Bill Mitglied der Pariser „Abstraction-Création“. 1932 lernt er auch Hans Arp und Piet Mondrian kennen. Das Jahr 1935 ist geprägt von der Erschaffung der Skulptur: „Die unendliche Schleife“ und seiner Malerei: „Quinze variations sur une même thème“ und dem Kontakt mit Max Ernst und Alberto Giacometti. Sein Aufenthalt in Tessin bildet die Grundlage der Verbindungen mit Aline Valangin, Max Ernst und Wladimir Vogel.
Max Bill war Mitbegründer der Hochschule in Ulm. Von 1957 bis 1962 entwickelte Bill für Junghans Wand-, Tisch- und Armbanduhren in schlichtem, zeitlosem Bauhaus-Design. Ab 1961 war er Chefarchitekt in Lausanne, 1967 Professur in Hamburg. 1933 zieht er in ein eigenes Haus in Zürich-Höngg. Im gleichen Jahr beginnt für ihn eine Freundschaft mit Georges Vantongerloo in Paris, die sein Leben lang anhalten wird. Im Jahr 1933 fertigt Max Bill auch erste Skulpturen mit größeren Abmessungen.
1936 gestaltet er den Schweizer Pavillon an der Triennale di Milano, ausgezeichnet mit dem Grand Prix. Im gleichen Jahr folgt die erste Fassung des Textes „Konkrete Gestaltung“. Der Nationalsozialmus des Dritten Reiches wirkt bis in die Schweiz: In den Fichen der Schweizerischen Staatsschutzakten von 1936 findet sich Eintrag über Max Bill wegen illegaler Beherbergung von Verfolgten aus Nazideutschland.
Von 1937 - 38 ist er Mitglied der Schweizer Künstlervereinigung „Allianz“. Er begegnet Antoine Pevnser. In Paris trifft er Marcel du Champs und lässt seine „quinze variations...“ in jener Druckerei in Paris drucken. Auch Henri Matisse druckte diese Werke ab. [1]
1939 arbeitet er für „Landi“ (Hans Schmidt). Die Ferien im Château de la Sarraz verbringt Max Bill mit Hans Curjel, Ernesto n. Rogers, Alfred Roth und Georges Vantongerloo.
Max Bill verstarb am 9. Dezember 1994 in Berlin.
Zusammenarbeit mit Junghans
Die langjährige Zusammenarbeit mit Junghans begann bereits während den Ulmer Zeiten des Designers, der Enkel eines Uhrmachers war und daher seine Schwäche für Uhren erklärte. Als Junghans bei Max Bill den Entwurf eines alltäglichen Gebrauchsgegenstandes in Auftrag gab, entwickelte er in seiner Rolle als Dozent an der Hochschule für Gestaltung Ulm (HfG) gemeinsam mit seinen Studenten eine Wanduhr "Aluminium" (heute lieferbar als Funkuhr mit 22 cm und 30 cm Durchmesser). Die logische Zifferblattgestaltung der Küchenuhr "Eiform" aus dem Jahr 1956 (Bill, Möckl), die als Max Bill Wanduhr Designgeschichte schrieb, wurde zum charakteristischen Merkmal seiner Zeitmesser und floss 1961 in die Gestaltung der drei Armbanduhren (Handaufzug klein, Automatik groß, Chronoscop groß) mit ein. 1958 entwarf er die Tischuhr "Quadrat".
Die Automatikmodelle basieren auf den Handaufzugsmodellen, wurden aber erst 2005 in den Markt eingeführt, die Chronoscopen 2008. Die Handaufzugsmodelle sind seit 1997 wieder im Programm.
Die Uhren waren damals mit Junghans eigenen Kalibern ausgestattet, heute finden Schweizer ETA Werke darin Verwendung.
Max Bill sind also 6 Entwürfe von Junghans-Uhren zuzuordnen. Heute findet man in vielen Aktionsbeschreibungen einen Verweis auf Max Bill, insbesondere bei Küchenuhren und dem Junghans-Uhrenmodell Astra. Auktionshinweise wie Max Bill Entwürfe, Max Bill Ära, Lookalike Max Bill sollten daher sehr kritisch betrachtet werden.
Sein Wirken an der Hochschule für Gestaltung Ulm (HfG)
Vorgeschichte der HfG
Max Bill, Inge Scholl, Otl Aicher und weitere namhafte Persönlichkeiten arbeiten von 1945 bis 1952 an dem Konzept, der Finanzierung und Struktur einer neuen Hochschule:
»Hochschule für Gestaltung: Ihr Aufgabenkreis umfasst jene Gestaltungsgebiete, welche die Lebensform unseres technischen und industriellen Zeitalters weitgehend bestimmen. Die Form der Geräte, mit denen wir umgehen, die Wohnung, die Anlage einer Siedlungseinheit, einer Stadt oder Region, das gedruckte und gesprochene Wort in Presse und Rundfunk, die Wirkung des Bildes in Publikationen, in der Werbung, in Ausstellungen und im Film bilden für die geistige Mentalität der Gesellschaft entscheidende Grundlagen.« [2]
Die Anfangsjahre der HfG
Am 1. April 1953 wird Max Bill erster Rektor der Hochschule für Gestaltung Ulm. Im Plenum des Landtages von Baden-Württemberg wird am 29. April 1953 der Landeshaushalt verabschiedet. Darin enthalten sind auch 800.000 DM für den laufenden Unterhalt der HfG für 3 Jahre.
Die HfG nimmt in jenem Jahr ihren zunächst provisorischen Unterricht in den Räumen der Volkshochschule auf. Der Lehrbetrieb beginnt mit einem einjährigen Grundkurs, ausgerichtet durch Walter Peterhans. Nach diesem Kurs sollen sich die Studenten selbst entscheiden, welcher Fachrichtung sie sich zuwenden wollen. Zur Auswahl stehen: Information, Visuelle Gestaltung (später Visuelle Kommunikation), Produktform, Architektur oder Stadtbau. Nach diesem entscheiden die Studierenden, welche Fachrichtung er sich zuwenden will: Information, Visuelle Gestaltung (später Visuelle Kommunikation), Produktform, Architektur oder Stadtbau. Die theoretischen Fächer Soziologie, Ökonomie, Politik, Psychologie und Philosophie ergänzen das Lehrangebot.
Das neue Domizil der HfG
Auf dem Gelände am Oberen Kuhberg erfolgt am 8. September 1953 der erste Spatenstich für das neue HfG-Gebäude. Am 5. Juli 1954 findet das Richtfest statt. Anläßlich der 1100-Jahrfeier der Stadt Ulm gestalten Otl Aicher und die Studenten der HfG Plakate, Drucksachen und die Ausstellung »Gutes Spielzeug« im Ulmer Museum.
Zeitgleich zur offizielle Eröffnung am 2. Oktober 1955 wird im neuen Gebäudekomplex am Oberen Kuhberg eine erste Ausstellung präsentiert. Mit ihr soll die fachliche Kompetenz und Internationalität der Hochschule von Anbeginn geprägt werden. Die Eröffnungsrede wird von Walter Gropius gehalten.
In Vorfeld der Eröffnung finden weitere Highlights statt:
Max Bill, Otl Aicher und Friedrich Vordemberge-Gildewart entwerfen für die Stuttgarter Landesausstellung (Juli 1955) den Pavillon der Stadt Ulm. Auf der Deutschen Rundfunk-, Fernseh- und Phonoausstellung in Düsseldorf erregt die Firma Braun mit ihren modernen, an der HfG unter der Leitung von Hans Gugelot entworfenen Phonogeräten großes Aufsehen.
Weggefährten von Max Bill in den Anfangsjahren der HfG
An der HfG lehrten in den Anfangsjahren u.a. die Dozenten:
- Aicher, Otl
- Albers
- Bense, Max
- Bellmann
- Bill, Max
- Curjel
- Gugelot, Hans
- Maldonado, Tomás
- Nonné-Schmidt
- Peterhans, Walter
- Pfeil
- Portmann
- Vordemberge-Gildewart, Friedrich
- Zeischegg
Max Bill´s Rückzug aus der HfG
1956 tritt Max Bill als Rektor der HfG zurück. Gleichzeitig leiten die jüngeren Dozenten eine neue Phase der HfG ein. Sie streben eine engere Beziehung zwischen Gestaltung, Theorie und Wissenschaft an. Die »Entwicklungsgruppen« werden eingeführt: Die Zusammenarbeit mit Wissenschaft, Industrie und Technikern prägen den Unterricht und die Ergebnisse. Der Grundstein des »Ulmer Modells« ist somit gelegt. Ein Rektoratskollegium übernimmt die Leitung der Hochschule. Zu den Mitgliedern des Kollegiums gehören Otl Aicher, Tomás Maldonado, Hans Gugelot und Friedrich Vordemberge-Gildewart.
1957 verlässt Max Bill die HfG wegen unüberbrückbarer Meinungsverschiedenheiten über den pädagogischen Aufbau und das Lehrprogramm der Schule.
Ehrungen und Auszeichnungen
Max Bill wurde mit zahlreichen Preisen und Ehrungen für seine Werke bedacht.
- 1964: Ehrenmitgliedschaft/ Honorary Member of the American Institute of Architects
- 1968: Kunstpreis der Stadt Zürich
- 1979: Kulturpreis der Stadt Winterthur
- 1982: Kaiserring der Stadt Goslar
- 1988: Premio Marconi per Arte e Scienzia, Bologna
- 1988: Piepenbrock-Preis für Skulptur, Osnabrück
- 1990: Helmut-Kraft-Preis für bildende Künste, Stuttgart
- 1993: Praemium Imperiale, Tokio
- 2008: Max-Bill-Platz in seiner Heimatgemeinde Moosseedorf
Im Stadtkreis Oerlikon, Zürich wurde ein Platz an Passantenlage mit Einkaufsmöglichkeiten nach ihm benannt.
Literatur
- Angela Thomas: mit subversivem glanz – max bill und seine zeit, Band 1: 1908-1939, Scheidegger & Spiess, Zürich 2008.
- Jakob Bill: Max Bill am Bauhaus. Benteli, Bern 2008, ISBN 978-3-7165-1554-9.
- Max Bill: Funktion und Funktionalismus. Schriften 1945–1988. Benteli, Bern 2008, ISBN 978-3-7165-1522-8.
- Max Bill, Retrospektive. Skulpturen Gemälde Graphik 1928–1987. (Texte Christoph Vitali, Eduard Hüttinger, Max Bill.) Katalog Schirn Kunsthalle, Frankfurt/Zürich/Stuttgart 1987 ISBN 3-922608-79-5.
- Thomas Buchsteiner und Otto Lotze:max bill, maler, bildhauer, architekt, designer. Ostfildern-Ruit 2005, ISBN 3-7757-1641-6.
- Luciano Caramel, Angela Thomas: Max Bill. Pinacoteca Communale Casa Rusca, Locarno / Fidia Edizione d'Arte, Lugano 1991, ISBN 8872690110.
- Gerd Fischer: Der Koloss von Frankfurt: Die „Kontinuität“ von Max Bill. In: Mitteilungen der Deutschen Mathematiker-Vereinigung, Heft 4/1999, S. 22–23.
- Eduard Hüttinger: Max Bill. abc Verlag, Zürich 1977, ISBN 3-85504-043-5.
- Eduard Hüttinger: Max Bill. Edition Cantz, Stuttgart 1987 (erweiterte Ausgabe) ISBN 3-922-608-79-5
- Gregor Nickel und Michael Rottmann: Mathematische Kunst: Max Bill in Stuttgart. In: Mitteilungen der Deutschen Mathematiker-Vereinigung, Band 14, Heft 3/2006, S. 150–159.
- Arturo Carlo Quintavalle: Max Bill. Università Commune Provincia di Parma, Quaderni 38, 1977.
- Thomas Reinke und Gordon Shrigley: Max Bill: HfG Ulm: Drawing and Redrawing: Atelierwohnungen, Studentenwohnturm. marmalade, 2006, ISBN 978-0954659714.
- Emil Schwarz: Im Wissen der Zeit oder Der Sinn, den die Schönheit erzeugt, Hommage à Max Bill, ein dichterischer Nachvollzug mit dem Essay Wirklichkeit oder Realität. NAP Verlag, Zürich 2010, ISBN 978-3-9523615-4-2.
- Werner Spies: Kontinuität. Granit-Monolith von Max Bill. Deutsche Bank, 1986, ISBN 3-925086-01-3.
- René Spitz: hfg ulm. der blick hinter den vordergrund. die politische geschichte der hochschule für gestaltung ulm 1953–1968. Stuttgart/London 2002. ISBN 3-932565-16-9. (Zur Geschichte der HfG Ulm von der Gründung 1953 bis zur Schließung 1968.)
- Angela Thomas: Max Bill. Fondation Saner, Studen 1993.
- Udo Weilacher: Kontinuität (Max Bill). In: Udo Weilacher: Visionäre Gärten. Die modernen Landschaften von Ernst Cramer. Basel/Berlin/Boston 2001, ISBN 3764365684.
Film
- Max Bill. Buch und Regie: Klaus Peter Dencker. (12 Minuten.) Saarländischer Rundfunk, 1976.
- max bill – das absolute Augenmass. Kinofilm von Erich Schmid, 93 min., 35mm + DVD, Ariadnefilm, Zumikon 2008.