Müller, Hugo
Müller, Hugo
Glashütter Uhrmacher
Hugo Müller wurde am 9. Juni 1863 als Sohn eines Schneidermeisters in Pirna geboren. Nach einer Uhrmacherlehre bei dem Uhrmachermeister Scholdt in Pirna absolvierte Müller von 1. November 1884 bis 30. April 1886 eine Ausbildung an der Deutschen Uhrmacherschule Glashütte und schuf in dieser Zeit drei mit Schulnummern der DUS versehene Uhren (Nr. 287: Stutzuhr deren Gehäuse von versilberten Pferden getragen wird; Nr. 291: Taschenuhr Kaliber 43; Nr. 333: Taschenuhr Kaliber 45 mit Chronometerhemmung in einem offenen Goldgehäuse). Als Hugo Müller seine Ausbildung an der DUS 1886 erfolgreich beendete, war Ludwig Strasser Direktor der Schule. In der Folgezeit standen beide bis zum Tod von Strasser in regem fachlichen Kontakt.
Nach Anstellungen bei den Firmen C. F. Wolf (Berlin) und Eschholz (Hannover) war er ab 1888 als Feinsteller bei A. Lange & Söhne tätig. Im Jahre 1894 billigte ihm die Geschäftsleitung des Hauses A. Lange & Söhne eine eigene Werkstatt für Präzisionsreglage in deren Firma zu. In der Folgezeit bemühte sich Müller besonders um die Ausbildung junger Uhrmacher und vermittelt seine Kenntnisse und Erfahrungen in der Präzisionsreglage. Müllers Devise dabei: Die Feinstellung einer Uhr beginnt bereits beim Federhaus! 1904 veröffentlichte er im Urania-Jahrbuch seine Interpretation über „Die Feinstellung einer Präzisionstaschenuhr”. Noch vor seinem 40. Geburtstag im Jahre 1903 wurde er zum Vorsitzenden der 1879 gegründeten Uhrmachervereinigung Urania in Glashütte gewählt. 1908 veröffentlichte Müller im Selbstverlag der Urania seine Abhandlung: „Wie konstruiert man Spiralfeder-Endkurven?”. Auf dem Heftchen findet sich dieser Hinweis: „Zum Besten des Sternwarten-Fonds Urania in Glashütte i. S.”. Die Idee Müllers zur Errichtung einer kleinen Sternwarte in Glashütte resultierte aus dem Idealismus, den er in seinen Beruf sah und der innigen Beziehung zwischen Astronomie und Uhrmacherei.
Von 1909 bis 1919 war Müller Mitglied des Aufsichtsrates der Deutschen Uhrmacherschule Glashütte und wurde 1919 zum Vorsitzenden des Fachausschusses der DUS berufen.
1918 wurde er technischer Direktor der neugegründeten Deutschen Präzisionsuhrenfabrik e.G.m.b.H. in Glashütte. Mit der Übernahme der technischen Leitung dieser neugegründeten Uhrenfabrik wollte Müller seine Vision einer Präzisionstaschenuhr verwirklichen, die bei langer Gangkonstanz die Gangleistungen der traditionellen Glashütter Taschenuhren noch übertreffen sollte, preislich gegenüber anderen Glashütter Erzeugnissen jedoch niedriger angesiedelt sein sollte. Im Ergebnis dieser Bemühungen entstand die Deutsche Präzisionstaschenuhr mit dem von Müller entworfenen halbungleicharmigen Anker (Müller-Anker), der als Deutsches Gebrauchsmuster Nr. 887418 1924 geschützt wurde und bei bei vielen Uhren der Deutschen Präzisionsuhrenfabrik e.G.m.b.H. Verwendung fand. Später verwendete auch Patek Philippe mit dem "Moustache-Anker" ebenfalls das Prinzip des Halbungleicharmigen Ankers. 1924 veröffentlichte Müller seine Ausarbeitung „Eine Ankergangstudie und ihr Resultat: Der Präzisionsanker”.
In Folge des ersten Weltkrieges und der um sich greifenden Inflation steuerte die Deutsche Präzisionsuhrenfabrik - auch ihrer schlechte kaufmännischen Arbeit geschuldet - direkt in eine finanzielle Krise. Nach dem Konkurs der DPUF e.G.m.b.H. im Jahre 1926 zog sich Müller in das Privateben zurück und widmete sich seinen uhrentechnischen und astronomischen Studien. Bereits im Ruhestand veröffenlichte er im Urania-Jahrbuch von 1929 eine weitere Arbeit unter dem Titel: „Klippen und Untiefen der Ankerhemmung” und organisierte im gleichen Jahr auch das Urania-Treffen anläßlich des 50jährigen Bestehens des Vereinigung. Neben Vorträgen von Dr. Giebel und Alfred Helwig steuerte auch Müller einen Beitrag über die Ankerhemmung dem Jubiläumsprogramm bei.
Ihm sind besondere Verdienste bei der Einführung der 12-stündigen, anstelle der 24-stündigen Gangbeobachtung zur Erkennung des dynamischen Ungleichgewichtes zuzusprechen.
Er verstarb am 2. Dezember 1943 in Glashütte. Das Zitat der Grabrede Alfred Helwig´s zeugt von seiner tiefen Bewunderung gegenüber der fachlichen Leistungen Hugo Müllers: „Seit Hugo Müllers Zeiten hat es niemand wagen können, in dieser Stadt Minderwertiges an Stelle wahrer Kunst und Wissenschaft zu bieten.”
In den letzten Jahren seines Lebens traf Hugo Müller Vorbereitungen, sein umfangreiches und fundiertes Wissen in einem Buch niederzulegen. Sein Tod verhinderte die Vollendung dieses Werkes.