Blessing, Robert Oscar

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(siehe auch: Blessing)

Blessing, Robert Oscar

Deutscher Orgel- und Orchestrienhersteller

Robert "Oscar" Blessing wurde am 22. Mai 1856 in Unterkirnach bei Villingen geboren als Sohn von Hubert Blessing und Fridolina Moser. Vater Hubert war Musiker und Instrumentenbauer und Mutter Fridolina war Musikuhrenfabrikant. Im Jahr [[1884/de|1884] kam Oskar Blessing nach Moskau. Er hatte inzwischen vom Stiefvater Ambrosius Weisser geführten Betrieb den Beruf des Musikwerkmachers erlernt. Oskar sollte zunächst ein Orchestrion im Moskauer Hotel Eremitage aufstellen, blieb dann in Moskau. Bereits 1875 war er Teilhaber der Moskauer Firma Moser & Blessing, die damals etwa 12 Mitarbeiter hatte. Robert Oscar Blessing leitete dort der Orchestrionfertigung denn aus Zollgrunden wurden die Orchestrien in Baugruppen nach Moskau gesendet. Dort wurden die Baugruppen zu unterschiedlich großen Anlagen zusammengebaut. Die Orchestrion-Fertigung fand jedoch in Unterkirnach statt. Die Firma war eine zusammenarbeit von der Geschäftsmann Edmund Moser (1850-1935) und seiner Frau Berta Moser, geborene Blessing mit Ihren Brüder Robert Oscar Blessing. Beide Familien, die Blessings und die Mosers, prägten seit der Mitte des 19. Jahrhunderts industrielle Betriebe des Schwarzwaldorts Unterkirnach. Am 2. Juni 1891 wurden Hubert Blessings Söhne Ernst und Rudolf als Teilhaber der dahin Ambros Weisser und Fridoline Moser gehörende Unterkirnacher Firma mit aufgenommen, was im Gesellschaftsregister des Großherzgl. Amtsgerichts zu Villingen vermerkt wurde. Die Moskauer Firma bestand bis 1915 und musste dann wegen Russlands Kriegseintritts schließen.

Robert Oscar heiratete Adele Oeser in Moskau etwa vor 1887. Adele Oeser wurde am 10. Februar 1861 in Riga geboren und starb 31. Mai 1911 in Moskau. Aus dieser Ehe gingen sechs Kinder hervor. Léo Blessing, Rudolf Blessing, Ernest Blessing, Edgard Blessing, Stella Blessing und Lilly Blessing. Rudolf Blessing und Ernest Blessing arbeiteten später als Uhrenfabrikant. In einem Bericht über die Moskauer Kunst- und Industrieausstellung von 1882 werden die Instrumente von Moser und Blessing und vor allem auch die technischen Weiterentwicklungen vom Oskar Blessing ausführlich gewürdigt:

Unter den von der Firma Moser & Blessing in Moskau ausgestellten Instrumenten verdient besonders das im Kaiserpavillon ausgestellte mechanische Concertpianino hervorgehoben zu werden. Dasselbe gleicht in seiner äusseren Form einem grossen, massiven Concertflügel und ist im Renaissancestyl gebaut, in tiefschwarzer Farbe gehalten und mit rothen, äusserst geschmackvollen Kupferornamenten reich ausgestattet; […] Das Instrument ist wie jedes andere Pianino mit einer Handclaviatur versehen; unter derselben befindet sich im Innern des Instrumentes der von Herrn Oscar Blessing (Sohn des berühmten Orchestrionfabrikanten Hubert Blessing) neu erfundene Mechanismus, der, durch Gewichte in Bewegung gebracht, mittelst Walzen die selbstspielende Musik hervorbringt. Der Vortrag der Musikstücke ist ein ganz präciser, wie man ihn nicht leicht von einem mechanischen Piano zu hören Gelegenheit findet. Der Klang dieses künstlichen [315] mechanischen Spielwerkes ist ein wunderbar schöner. Die Firma Moser & Blessing in Moskau hat mit ihrem Mechanischen Pianino ein kunstgewerbliches Prachtstück geliefert, welches wegen seiner ausgezeichneten Spielart, durch die wirklich schöne äussere Ausstattung seines Gleichen kaum finden dürfte. […] Im Auslande sind die Pianinos von Moser & Blessing vollständig unbekannt und Russlands Musikwelt kann auf diese russische Erfindung stolz sein; es ist wohl mit Sicherheit zu erwarten, dass Blessing's mechanische Pianinos nicht nur in Russland, sondernauch im Auslande Absatz finden werden. Anlässlich der Industrieausstellung erhielten Moser und Blessing auch den Auftrag für ein mit einer Dampfmaschine betriebenes „Riesendampforchestrion“:

Das Riesendampforchestrion von Moser & Blessing ist jetzt in Moskau auf der Mjasnizkaja im Hause Filipow, vis-a-vis dem Telegraphenamte aufgestellt. Das grossartige Instrument unterscheidet sich wesentlich und vortheilhaft von den grössten Orchestrions, die man in den hiesigen bedeutenderen Tracteuren hören kann, durch seine complicirte, von Blessing erfundene neue Construction, ohne etwa, wie mancher annimmt, durch einen die Ohren betäubenden Lärm zu imponiren. Die Wirkung des Orchestrions ist im Gegentheil diejenige eines guten Doppelorchesters, indem es alle Nüancen der Instrumentation vortrefflich und durchaus im Sinne des Componisten wiedergiebt. Es hat gegen 300 Clavis (im gewöhnlichen Gebrauche befinden sich kaum 100), der verschiedensten Register, 6 verschiedene Trommeln, Becken, Glocken, Triangel, Castagnetten, Schellenbaum etc. Acht Soloregister existiren für Crescendo und Tremolo, auch befindet sich im Innenraum ein Fortepiano (in der Musik zu "Tannhäuser" bei den Harfenstellen und ferner in Mendelssohn's "Capriccio" als Soloinstrument mit Begleitung des Orchesters verwandt) […] Das jetzige Programm besteht aus Glinka "Leben für den Czaren", mit der Kaiserhymne von Lwow schliessend, Mendelssohn's Capriccio in h-moll, Wagner's Tannhäuserouvertüre und Boguslaw's Potpourri slavischer Melodieen; die beiden Opernpiecen, alle Pianos und Pianissimos, die Crescendi und Tremoli sind vom besten Effect. Im Finale von Glinka's Oper ist das Glockengeläute von guter Wirkung. Demnächst wird auch Wagner' s grosser Kaisermarsch in das Programm aufgenommen werden. Es ist hierbei zu bemerken, dass jede Walze eines Musikstückes eine viermonatliche Arbeit beansprucht.

Während des Ersten Weltkriegs wurden er und seine Familie interniert und durfte nach Ende des Krieges nach Unterkirnach zürruck auswandern. Nachher zog er nach St Georgen und Waldkirch. Am 29. April 1921 schreibt Oskar Blessing aus St. Georgen an seine Schwägerin Berta Blessing, er habe eine Entschädigung der Reichsregierung für die in Moskau erlittenen Verluste erhalten und bietet an, seine Schuld an die Fa. Ambros Weisser vorm. Hubert Blessing teilweise zu tilgen durch 15.000 in Reichschatzanweisungen plus 12.000 durch Überlassung des Erbteils seiner Mutter. Wie Oskar Blessing hatten auch Edmund Moser und seine Frau Bertha in Moskau in komfortablen finanziellen Verhältnissen gelebt. Sie hatten Kontakt in die alte Heimat gehalten und im Jahr 1903 die Kirchenorgel in Unterkirnach gestiftet.Bei Ausbruch der Revolution lebten die beiden in Petersburg, von wo sie wie viele andere über die nahe finnische Grenze flohen. Erst einige Jahre später kamen sie nach Deutschland zurück, wo sie die deutsche Staatangehörigkeit wiedererlangen mussten. Ihre letzten Jahre verbrachten Edmund und Bertha in Villingen. Berta starb 1933 und Edmund Moser am 24. November 1935 in Unterkirnach.

Robert Oscar Blessing starb am 22. März 1945 in Waldkirch, Landkreis Emmendingen, 88 Jahre alt. Er erlebte aber noch, wie sein Sohn Rudolf 1940 unter schwierigen Kriegsbedingungen eine eigene Uhrenfabrik die Blessing-Werke KG gründete.

Quelle