SIHH 2007: LANGE 31 A. Lange & Söhne
SIHH 2007: LANGE 31 A. Lange & Söhne
Die LANGE 31: Schlüssel-Technologie mit Energie für einen Monat
Keine läuft länger: Die neue Handaufzugsuhr von A. Lange & Söhne erreicht eine Gangreserve von einem Monat. Deshalb heißt sie LANGE 31. Eine weitere Innovation – ein Nachspannwerk – sorgt für konstanten Antrieb über die gesamte Laufzeit. Und dazu lässt Lange den Schlüsselaufzug wieder aufleben.
Der Lauf des zu- und abnehmenden Mondes hat die Menschen seit jeher fasziniert. So sehr, dass bereits die ältesten Kalendarien die Periode von Neumond zu Neumond zur Grundlage ihrer Zeitrechnung machten. Eine mechanische Armbanduhr mit einer Gangreserve von einem ganzen Kalendermonat zu bauen, die dazu über die gesamte Laufzeit gangstabil bleibt, ist einer der wenigen Rekorde, die in der Uhrmacherei noch nicht aufgestellt wurden. Jetzt ist diese Herausforderung gemeistert – mit der LANGE 31. Ein programmatischer Name für ein Kraftpaket mit der bisher unvorstellbaren Gangautonomie von 31 Tagen bei konstantem Antrieb. Mit ihr unterteilt sich das horologische Jahr in zwölf Aufzüge.
Um soviel Energie speichern zu können, besitzt die LANGE 31 zwei übereinander gelagerte Federhäuser mit einem Innendurchmesser von 25 Millimetern. Drei Viertel der Werkfläche nimmt das stattliche Doppelfederhaus ein. Die beiden Aufzugsfedern sind mit jeweils 1.850 Millimetern fünf bis zehn Mal so lang wie bei herkömmlichen mechanischen Armbanduhrwerken. Die darin gespeicherte Energie würde ausreichen, um eine Tafel Schweizer Schokolade von 100 Gramm um 320 Zentimeter anzuheben. Das Aufziehen derart kräftiger Federn mit der feingliedrigen Mechanik eines Kronenaufzugs wäre eine mühsame Angelegenheit. Daher haben sich die Lange’schen Konstrukteure auf die „Schlüssel-Technologie“ früherer Taschenuhren besonnen. Die Hebelkraft des Schlüssels erlaubt es, die Übersetzung kleiner zu wählen als bei einer Aufzugskrone. Mit Hilfe eines Vierkants am Schlüssel, der in einer Aussparung im Saphirglasboden angesetzt wird, gelangt die Aufzugsenergie in das Federhaus. Ein in den Kronenschlüssel integrierter Freilauf erlaubt eine flüssige Aufzugsbewegung wie bei einer herkömmlichen Krone, und ein Drehmomentbegrenzer vermeidet ein versehentliches Überziehen der Federn.
Gleichbleibende Energie für die Hemmung
Natürlich könnte ein Uhrwerk mit einer so außergewöhnlich großen Leistungsreserve ohne weitere technische Vorkehrungen nicht über einen derart langen Zeitraum mit stabilem Gang laufen. Denn vor eine gleichmäßige Energieabgabe haben die Gesetze der Physik die Tatsache gestellt, dass eine Feder, die sich entspannt, immer mehr von ihrem Anfangsdrehmoment verliert. Mit nachlassendem Drehmoment nimmt die Schwingungsweite (Amplitude) der Unruh ab und die Genauigkeit lässt nach. Gegen dieses eherne Gesetz hat bereits Leonardo da Vinci vor 500 Jahren das Prinzip von Schnur und Schnecke erfunden. Es bedient sich der Hebelwirkung, die das nachlassende Drehmoment der Feder weitgehend ausgleicht. Als Antrieb über Kette und Schnecke ist dieses Prinzip in zwei Lange-Uhren der Neuzeit zum Einsatz gekommen: dem TOURBILLON „Pour le Mérite“ und dem TOURBOGRAPH „Pour le Mérite“. Aber bei 31 Tagen Gangreserve wäre diese Konstruktion allein schon von den Dimensionen der dafür benötigten Teile her nicht möglich gewesen. Also haben die Lange’schen Konstrukteure einen anderen Weg gesucht – und gefunden. Die Lösung ist ein Nachspannwerk zwischen Doppelfederhaus und Hemmung. Eine aufwändige Konstruktion, die dafür sorgt, dass immer – das heißt unabhängig davon, wie weit die Feder entspannt ist – gleich viel Energie an die Hemmpartie abgegeben wird.
Der Mechanismus bewirkt, dass eine vorgespannte Antriebsspirale auf der Sekundenradwelle beim Entspannen eine immer gleiche Energiemenge an das Ankerrad weitergibt. Alle zehn Sekunden wird diese an einem Spiralklötzchen befestigte Spiralfeder an ihrem äußeren Ende wieder um 60 Grad nachgespannt. Nun muss es noch eine Vorrichtung geben, die diesen Bewegungsablauf zuverlässig und präzise steuert. Diese Aufgabe übernimmt die Unruh. Sie bewirkt nicht nur den gleichmäßigen Lauf der Sekundenwelle, durch die die genaue Zeit angezeigt wird, sondern zugleich auch den zyklischen Aufzug des Nachspannwerks. Dies geschieht über ein Reuleaux-Dreieck, eine Kurvenscheibe in Form eines gleichseitigen Dreiecks mit konvexen Seiten, die auf der Sekundenradwelle befestigt ist. Alle zehn Sekunden, das heißt nach jeder Drehung von 60 Grad, bewegt es einen raffiniert konstruierten Schwenkhebel. An seiner Innenseite greifen zwei Paletten abwechselnd in ein Rad mit nur einem Zahn, das über ein Räderwerk mit dem Federhaus verbunden ist, und hemmen dessen Lauf nach jeder 180-Grad-Drehung. Mit jeder Drehung wird die zuvor beschriebene Antriebsspirale blitzschnell wieder ein Stück nachgespannt und die dabei aufgenommene Energie über die nächsten zehn Sekunden an das Ankerrad abgegeben. Zwar schwankt der Drehmomentverlauf innerhalb dieser zehn Sekunden minimal, im Durchschnitt jedoch bleibt die Energieabgabe konstant – 31 Tage lang. Der Bewegungsablauf des Nachspannwerks, der äußerlich dem einer Hemmung gleicht, kann durch den Saphirglasboden beobachtet werden. Ein transparenter Saphirlagerstein gibt den Blick frei auf das spannende Zusammenspiel von dreieckiger Kurvenscheibe und Schwenkhebel. Das Nachspannwerk verhindert also, dass das nachlassende Drehmoment aus dem Doppelfederhaus den Gang der Uhr negativ beeinflusst. Das Ergebnis: gleiche Energieabgabe, gleiche Amplitude, gleiche Ganggenauigkeit bis zum 31. Tag. Dann stoppt ein Abschaltmechanismus das Uhrwerk. Theoretisch könnte das Werk also noch weiter laufen. Doch dann fiele die Kraft der Zugfeder unter das Drehmoment der Zusatzspirale und das Nachspannwerk könnte seine Funktion nicht mehr zuverlässig erfüllen.
Historische Kontinuität
Das Prinzip des konstanten Antriebs beschäftigte bereits Ferdinand Adolph Lange. Für seine Präzisions-Taschenuhren erfand er um 1866 eine Konstantkraft-Hemmung mitspringender Sekunde, ein so genanntes „Sekunden-Remontoir“. Eine verwandte Konstruktion entwickelte er später für die große Hausuhr im Lange-Stammhaus, die mit ihrem fast zehn Meter langen Pendel noch heute den Lange-Mitarbeitern und Glashüttern die genaue Zeit anzeigt. Rund 140 Jahre später haben seine uhrmacherischen Nachfahren mit dem neu konstruierten Uhrwerk Kaliber L034.1 und der 31-tägigen Gangreserve diesen Weg erfolgreich fortgesetzt. Herausgekommen ist ein außergewöhnlicher Zeitmesser für den täglichen Gebrauch, dessen praktischer Nutzen auf der Hand liegt. Er zeigt die genaue Zeit länger als jede andere mechanische Handaufzugsuhr – auch dann, wenn man ihn zwischendurch ein paar Tage oder sogar Wochen nicht trägt. Die Uhr reiht sich damit in die Lange’sche Tradition nützlicher Innovationen ein. Das Platingehäuse der LANGE 31 erreicht den beachtlichen Durchmesser von 46 Millimetern und eine Bauhöhe von 15,9 Millimetern. Denn so viel gespeicherte Zeit braucht Platz. Raum benötigt auch die runde 31-Tage-Gangreserve-Anzeige, die fast die gesamte rechte Hälfte des massiv silbernen Zifferblatts in Anspruch nimmt. Sie ist das prägnante Erkennungszeichen einer bahnbrechenden uhrentechnischen Spezialität. Ihr letztes Segment in Rot erinnert daran, dass es nach Ablauf eines ganzen Monats endlich wieder an der Zeit ist, die Uhr aufzuziehen. Das Lange-Großdatum auf der linken Seite bildet dazu ein harmonisches Gegengewicht. Und natürlich trägt auch die LANGE 31 unter dem Saphirglasboden alle sichtbaren Qualitätsmerkmale, die die Uhren von A. Lange & Söhne weltweit so begehrt machen: Schraubenunruh, Schwanenhals-Feinregulierung auf dem von Hand gravierten Unruhkloben, verschraubte Goldchatons und eine vollendete Uhrwerksdekoration im klassischen Lange-Stil.