Mottram, John

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Englischer Uhrmacher

Außergewöhnlich feine und seltene mit Schmucksteinen besetzte Uhr mit Viertelstundenschlag und Musikautomat, hergestellt von John Mottram, London, einem am Kaiserhof von China eingetragenen Uhrmacher; späte Qianlong-Periode, circa 1790

John Mottram

John Mottram wird in den Aufzeichnungen geführt als aktiv in Warden Court in Clerkenwell Close in London von 1790 bis 1808. Andere Quellen verzeichnen das frühere Datum 1780. Er hatte sich anscheinend voll und ganz auf die Herstellung von Uhren für den chinesischen Markt spezialisiert, da jede bekannte von Mottram signierte Uhr diesem Typ entspricht. Manche der Uhren besitzen Merkmale, die auch von Zeitgenossen Mottrams verwendet wurden, insbesondere von Henry Borrell (1795-1840). Borrell war ein Genfer Hugenotte, was die Annahme unterstützt, dass eine Anzahl von Uhrwerken sowie Uhrenelemente oder auch vollständige Uhren aus der Schweiz geordert und geliefert wurden, höchstwahrscheinlich durch die Firma Jaquet Droz & Leschot, welche selbst für die Herstellung ihrer Singvögelkonstruktionen und Automaten bekannt war. Eine Zeitlang bestand auch eine Partnerschaft mit James Cox in London. Es besteht kein Zweifel, dass John Mottram Uhren an den Hof des Kaisers Qianlong lieferte. Colonel Courtenay Clarke Manifold, Chirurg und Mitarbeiter von General Gaselee in Peking im Jahre 1900, bezieht sich in seinem Tagebuch auf eine Uhr, die von Colonel Rawlinson gekauft und anschließend nach Aldershot in England (A) verschifft wurde. Es handelt sich hierbei um die Uhr von Mottram, die sich jetzt in der Sammlung des Royal Army Medical Corps befindet (siehe Anmerkung 3. unten). Die Uhr befand sich im Palast des chinesischen Marineministeriums (Haijun ramen), vermutlich im Palast des Prinzen Chun (Yixuan, 1840-1891), der 1885 zum Vorstandsvorsitzenden ernannt wurde und von seinem Sohn Prinz Chun II. beerbt wurde (Zaifeng, 1883-1951).

Qing-Dynastie

Der langsame Zerfall der Qing-Dynastie nach dem Tod des Kaisers JiaQing im Jahr 1820 läutete das Ende eines 150-jährigen Zeitabschnitts ein, während dessen der Kaiser und sein Hof eine Sammlung von prunkvollen Groß- und Kleinuhren und feinster Instrumente zusammengetragen hatten. Zu Hochzeiten soll Kaiser Qianlong über 4,000 solcher Objekte besessen haben, die sich im Sommerpalast in Jehol und im Alten Sommerpalast und der Verbotenen Stadt in Peking befanden. Darunter waren außer den wunderbaren Uhren aus Europa - hauptsächlich aus London und der Schweiz - auch Stücke, die in den kaiserlichen Werkstätten in Peking, Guangzhou und Suzhou hergestellt worden waren. Als Puyi, der letzte Kaiser der Qing-Dynastie zur Abdankung gezwungen wurde und schließlich 1924 die Verbotene Stadt verließ, war diese außergewöhnliche Sammlung trotz Zerstörung und Plünderung praktisch seit Jahrzehnten unbeachtet geblieben. Erst als 1925 das Palastmuseum gegründet wurde, konnten diese Uhren erstmals besichtigt werden. Das erste Verzeichnis, welches eine Reihe dieser Uhren besonders im Westen ins Bewusstsein der Öffentlichkeit rief, wurde 1933 von Simon Harcourt-Smith verfasst, einem englischen Diplomaten an der britischen Gesandtschaft in Peking, einem Experten für Archäologie und Künste. Dieses seltene Werk mit Illustrationen und Beschreibungen von mehr als 120 Stücken konzentrierte sich auf Uhren und Objekte, die von englischen Herstellern geschaffen worden waren. Nachfolgend aufgeführt ist die Einleitung, die den Beschreibungen vorangeht und eine interessante wenn auch kurze Geschichte der Sammlung darlegt wie sie damals verstanden wurde.

"Eine Vorliebe für Uhren und andere mechanische Besonderheiten aus dem Westen ist wohl recht früh am chinesischen Hof entstanden; zu Beginn des 14. Jahrhunderts hatte ein französischer Kunstschmied namens Guillaume Boucher, der wahrscheinlich als Gefangener eines Mongolenüberfalls in Ungarn ins Land gebracht worden war, dem ersten Yuan-Kaiser von China eine aufwändige Uhr mit Fontäne konstruiert. Als im Jahr 1599 der berühmte jesuitische Missionar Matteo Ricci nach Peking kam, errang er die Gunst des Kaisers und des ganzen Hofes hauptsächlich durch die als Geschenke mitgebrachten Uhren. Es dauerte jedoch bis zum Ende des 17. Jahrhunderts, bis unter der Herrschaft des Kaisers K’ang Hsi Uhren in großer Zahl im Palast Einzug hielten. Dieser aufgeklärte Herrscher war - was ungewöhnlich für seine Dynastie war - ein großer Bewunderer europäischer Künste und Wissenschaften, der gelehrte jesuitische Mathematiker und Philosophen an seinen Hof einlud und eine Sammlung von wissenschaftlichen Instrumenten und Zeitmessern aller Art anlegte. Seine Leidenschaft für den Uhrenbau war so groß, dass die Jesuiten Vater Stadlin, der ein versierter Uhrmacher war, nach Peking schickten; unter seiner Leitung wurde eine Werkstätte zur Herstellung von Groß- und Kleinuhren innerhalb der Palastmauern eingerichtet. Von da an trug bis zur Aufhebung des Ordens im Jahr 1773/74 zu allen Zeiten ein Jesuit die Verantwortung für die kaiserlichen Uhren. Yung Cheng teilte die liberalen Interessen von K'ang His nicht, Chin Lung jedoch, der zwar vorgab den Westen zu verachten, hatte etwas vom romantischen und grüblerischen Geiste seines Großvaters geerbt. Während seiner Herrschaft erreichten Uhren und mechanische Spielzeuge aus dem Westen von einer Schönheit und einem Einfallsreichtum wie man es ihn China noch nie gesehen hatte, das Land zu Tausenden jährlich. In den kaiserlichen Palästen in Peking, Yuan Ming Yuan und Jehol wurde das Verstreichen der Stunden durch das Flattern von Emailflügeln, dem Sprudeln von gläsernen Brunnen und dem Wirbeln von steinbesetzten Sternen angezeigt, während von tausend verborgenen Orchestern gespielt die fremdartigen Klänge der Londoner Gavotten und Menuette durch die chinesische Luft hallten.

Während seiner Zeit als Gesandter in Peking im Jahr 1793 kommentierte Lord Macartney die große Zahl von europäischen Uhren in allen kaiserlichen Sälen und Pavillons die er besuchte; tatsächlich muss die Uhrensammlung des Kaisers wohl die erlesenste der Welt gewesen sein. Während der letzten 100 Jahre jedoch hat die Sammlung schlechte Zeiten durchlebt. Einige der schönsten Stücke wurden durch ungeschickte Restaurierungen und ungeeignete Ergänzungen ruiniert; andere wurden unwiderruflich beschädigt und eine enorme Anzahl wurde zerstört oder verschwand während der Plünderungen von Yuan Ming Yuan 1860, der Verbotenen Stadt im Jahr 1900 und in den Wirren der letzten 20 Jahre. Die Stücke die noch verblieben und die im beiliegenden Verzeichnis kurz beschrieben sind, stellen daher nur einen Bruchteil der berühmten Sammlung des Kaisers Ch’ien Lung dar. Mit Ausnahme von etwa sechs Stücken sind alle Uhren, die ich in den beiden Museen betrachten konnte aus der Zeit nach 1760; es gibt weder Spuren der Uhren von Matteo Ricci oder derjenigen, die K’ang Hsi in die Obhut von Vater Stadlin gegeben hatte, noch finden sich Überreste der Uhren des berühmten Vulliamy, die in Vasen aus der Porzellanmanufaktur in Derby eingebaut wurden und die Lord Macartney als Geschenk König Georgs Ill. nach China mitgebracht hatte.

Entgegen allgemeiner Ansicht sind kaum einige der hier beschriebenen Stücke aus französischer Herstellung und die meisten waren wohl auch keine Geschenke fremder Regierungen an den Kaiserhof; wir wissen, dass unter all den komplizierten und ausgefallenen Objekten diejenigen, die mit COX signiert sind, ursprünglich Teil des berühmten Museums der mechanischen Kuriositäten des Herstellers waren, welches im Jahr 1773 in Spring Gardens ausgestellt wurde, und die danach zu seinem Geschäft in Kanton geschickt wurden; andere Stücke wurden zweifellos über die East India Company in Kanton erworben.

Die Sammlung ist eine der wichtigsten ihrer Art überhaupt, obwohl sie nur noch einen Bruchteil der vergangenen Pracht darstellt; sie ist sowohl ein Denkmal des Geschicks und der Kunstfertigkeit englischer Mechaniker, als auch ein wertvolles Dokument zur Geschichte der chinesisch-europäischen Beziehungen im 18. Jahrhundert.

Die Tatsache, dass die meisten der verbliebenen Stücke in solch ausgezeichnetem Zustand erhalten sind, haben wir einerseits der niedrigen Luftfeuchtigkeit in Peking zu verdanken und in nicht geringem Maße der außerordentlichen Sorgfalt und Fertigkeit, mit welcher die Uhren von den momentanen Verantwortlichen in den Museen gepflegt wurden; ihnen und Herrn Yuan T’ung-li, dem Direktor der Nationalbibliothek, möchte ich meinen Dank aussprechen für ihre Unterstützung und ihren Zuspruch bei der Zusammenstellung dieses Verzeichnisses."

Simon Harcourt-Smith Peking, im Januar 1933.

Harcourt-Smith (Simon) A Catalogue of Various Clocks, Watches, Automata, and other miscellaneous objects of European Workmanship dating from the XVIIIth and the early XIXth Centuries, in the Palace Museum and the Wu Ying Tien, Peiping, Veröffentlichung des Palastmuseums 1933.

Ausstellung Schätze aus der Verbotenen Stadt

Ihre Königlichen Hoheit Prinzessin Máxima eröffnet am 15. Oktober 2010 die Ausstellung - SingSong, Schätze aus der Verbotenen Stadt - im Spieluhren-Museum zu Utrecht.

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