Speckhart, Gustav
Deutscher Uhrmacher
Gustav Speckhart wurde am 7. Juni 1852 in Schweinau bei Nürnberg geboren. Er war der Sohn des Bäckermeisters Johann Speckhart und Anna Margarethe Wolf. Hier besuchte er auch die Volksschule. 1861 zog die ganze Familie nach Nürnberg um. Im Jahr 1866 erwarb sein Vater die Bürgerrechte in Nürnberg. Im gleichen Jahr begann Gustav, als Vierzehnjähriger, die Uhrmacherlehre bei dem Nürnberger Uhrmacher Albert Müller, die er im Jahre 1868 mit der Gesellenprüfung abschloss. Dabei wurde er seinerzeit von dem Obermeister Paul Hellmut in die noch damals existierende Zunftliste eingeschrieben. Im Anschluß an die Lehre erhielt er eine erste Anstellung bei dem Meister Fritz Stoer. Dieser vermittelte ihn 1869 weiter an dessen Freund und Meister Fritz Edelmann in Neustadt an der Aisch. Hier befasste er sich ausgiebig mit der Reparatur von Spindeluhren. 1870 kehrte er nach Nürnberg zurück und fand eine Anstellung bei Georg Leonhard Kobell (1842-1911) in der Lorenzerstraße 13. Während des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71 versah er den Lazarettdienst vorort. Im Anschluß daran kehrte er kurzzeitig zu Fritz Stoer zurück, und ging anschließend auf die Walz. Diese erstreckte sich von Homburg, Kaiserslautern, Worms, Mainz, Frankfurt, Kassel, Hannover bis nach Hamburg. Hier wurde er zur Musterung nach Nürnberg zurückbeordert und erhielt den Status eines Reservisten. Zum Militäreinsatz wurde er aber nicht benötigt und stand somit seinem eigentlichen Beruf wieder zur Verfügung. Er ging zur Aushilfe zum einstigen Meister nach Neustadt an der Aisch. Anschließend fand er eine Anstellung bei Josef Sedelmayr in Nürnberg, wo er bis 1873 blieb. Es folgte ein Jahr bei der alteingessenen Nürnberger Firma Carl Eigenmann. Im gleichen Jahr eröffnete er eine eigene Meisterwerkstatt (ohne Meisterstück, da zwischenzeitlich die Gewerbefreiheit eingeführt war). Diese entwickelte sich erfreulicherweise sehr lukrativ. 1876 heiratete er Margarethe Eißler, mit der er vier Kinder hatte.
Um 1890 baute er eine große kostbare Automatenuhr, die Zwölf-Apostel-Uhr, welche für die Ausstellung in Chicago bestellt wurde. Drei volle Jahre hatte Speckhardt gebraucht, ehe dieses großartige Kunstwerk deutschen Fleißes unter Mitwirkung hervorragender dekorativer Künstler vollendet war. Das von allen Fachleuten dieser Zeit zu Recht hochgeschätzte Werk, welches auf der Ausstellung in Chicago (1893) so großes Aufsehen erregte, fiel in der Nacht vom 12. auf den 13. September 1897 auf der Gelderschen Ausstellung im Stadspark Sonsbeek zu Arnheim (Holland) den Flammen zum Opfer. Das Feuer brach in einem benachbarten Gebäude aus und griff so rasch um sich, dass von dem Kunstwerke nur die beweglichen Gruppen, die Passionsgeschichte darstellend, gerettet werden konnten. Ein Arnheimer Musikinstrumentenhändler aus der Kerkstraat wurde verdächtigt, das Lokal in Brand gesteckt zu haben, und musste sich vor Gericht verantworten. Eine ausführliche Beschreibung dieses 1893 fertiggestellten Meisterwerks der Uhrmacherkunst wurde in Niederländisch veröffentlicht. Illustriert mit einem Abbildung der Uhr (gedruckt von Meisenbach Riffarth & Cie) in Schwarzweiß. 1893 wurde Gustav Speckhart zum Hofuhrmacher ernannt.
Speckhart konnte aber mit Hilfe von Junghans um 1900 eine Rekonstruktion fertigen, welche als Werbeobjekt auf der Weltausstellung in Paris 1900 zu sehen war. Heute ist diese Uhr im Stadtmuseum Schramberg zu sehen.
Gustav Speckhart beauftragte um 1910 den Rothenburger Großuhrmacher Friedrich Holzöder mit der Herstellung des Kunstuhrwerkes der Rothenburger Ratstrinkstube am Marktplatz. Zur damaligen Zeit mußte die Kunstuhr an das Werk der vorhanden mechanischen Uhr aus dem 17. Jahrhundert angeschlossen werden, wobei Fr. Holzöder offenbar ganz schön zu tüfteln hatte, bis sich die Fenster zur rechten Zeit öffneten und die beiden Figuren bewegten. Am 12. Juni 1910 wurde die Kunstuhr feierlich der Stadt Rothenburg übergeben. Er übersetzte und überarbeitete auch Claudius Sauniers berühmtes Werk „Histoire de la mesure du Temps“ von 1880.
Gustav Speckhart starb am 10. Juni 1919 an den Folgen eines Hirnschlags.
Weiterführende Informationen
Literatur
- Lexikon der Uhrmacherkunst, Carl Schulte: Emil Hübners Verlag Bautzen 1902
- Meister der Uhrmacherkunst; Jügen Abeler Wuppertal 1977. 2. Auflage, Wuppertal 2010.
- De Twaalf Apostelen-Klok tentoongesteld in de Afdeeling kunst-nijverheid van de Geldersche Tentoonstelling van Handel en Nijverheid op het Landgoed "Sonsbeek" te Arnhem van 1 Juni tot 1 October 1897, Arnhem - Stoomdr. A.L. van der Meer - 1897- 1e druk.