KURTZ Glashütter Tradition

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Uhrenfabrik Kurtz, Glashütter Tradition

Kurtz, Glashütter Tradition
Zifferblattsignatur

Deutsche Uhrenfabrikation

Bildmarke

Am 07.05.1945, nur einen Tag vor Kriegsende, flüchtete Dr. jur. Ernst Kurtz, Betriebsleiter der Uhrenfabriken UROFA und UFAG Glashütte/Sachsen, mit zwei Fahrzeugen vor dem Zugriff der Roten Armee aus Glashütte. Noch 1945 gründete er in Memmelsdorf (Unterfranken), einem im 2. Weltkrieg aus Glashütte ausgelagerten Montagebetrieb, eine Uhrenfabrikation unter seinem Namen. Da Memmelsdorf in der amerikanischen und Glashütte in der sowjetischen Besatzungszone lag, musste er von da aus keine Repressalien befürchten, die aus Sicht der sowjetischen Besatzungsmacht die unberechtigte Verlagerung von Betriebseigentum unweigerlich nach sich gezogen hätte. Der durch die Besatzungsmacht eingesetzte Bürgermeister von Glashütte hatte bereits im Juni 1945 öffentlich bekannt gemacht, dass der ehemalige Direktor Dr. Ernst Kurtz von seinen Aufgaben als Firmenchef der UROFA und der UFAG entbunden ist.

Uhrenfabrikation in Memmelsdorf (Unterfranken)

Kurtz, Kaliber 59

Das Startkapital für den Kauf der Memmelsdorfer Produktionsstätte bestand hauptsächlich aus Glashütte verlagerten Rohwerken und Teilen des Fliegerchronographen der UROFA vom Kaliber 59. Die Mitnahme weiterer betriebsinterner Unterlagen, wie zum Beispiel Konstruktionsunterlagen der noch 1943 in Zusammenarbeit zwischen der UROFA, der Firma Junghans & den Pforzheimer Uhren-Rohwerken GmbH (P.U.W) entwickelten neuen Generation von Armbanduhren, die 1944 abgeschlossen war, aber nicht mehr in die Produktion überführt werden konnte, kann vermutet werden, ist aber bisher nicht belegt. Schlussendlich wurde der Kaufvertrag für die alte/neue Produktionsstätte noch 1945 bei einem Notar in Bamberg geschlossen.

Kurtz Kal.59 Werk.jpg

Die Remontage der besagten Rohwerke des Fliegerchronographen und den angeordneten ausschließlichen Verkauf an die damalige amerikanische Besatzungsmacht begründete das Wachsen der neuen Uhrenfabrik Kurtz, Glashütter Tradition. Über die äußere Gestaltung der remontierten Chronographen gibt es verschiedene Vermutungen. So existieren u. a. noch Uhren ohne Lünette & ohne Tutima Logo auf dem Zifferblatt, deren hohe Werknummern (z. B. 215001 & 215820) eine Nachkriegsproduktion durch die Firma Kurtz in Memmelsdorf vermuten lassen.

Das alles und auch der weitere Aufbau der Firma war natürlich nur dadurch möglich, dass frühere Mitarbeiter der UFAG & UROFA aus Glashütte, wie z.B. Herr Zyszka, Paul Johne (früherer Regleur der UFAG) mitarbeiteten und der Betrieb selbst ausbildete. Auch die schon seit den 1930er Jahren bestehenden guten Kontakte zu den Uhrenherstellern in Pforzheim und Umgebung bewährten sich und halfen beim Neuaufbau.

Markteinführung der 1. Armbanduhr mit Breguetspiralfeder aus deutscher Produktion 1948

Kaliber 251
Kaliber 25

Die nach Kriegsende in einer extrem kurzen Entwicklungszeit erfolgte Neueinführung des Kalibers 25 & 251, einer so ausgereiften Herrenarmbanduhr, noch dazu der ersten aus ziviler deutscher Produktion mit Breguetspiralfeder und der Sekunde aus der Mitte, stützt die Vermutung, dass Dr. Kurtz über Unterlagen aus seiner Glashütter Zeit verfügte, die es ihm ermöglichten, dieses neue Kaliber bereits vor der Währungsunion 1948 auf Bezugsschein anzubieten und danach frei zu verkaufen. Allerdings waren diese Uhren für die damaligen Lohnverhältnisse sehr teuer. Immerhin kostete eine Herrenarmbanduhr der Firma Kurtz 1950 zwischen 80 & 100 DM. Das entsprach dann schon in etwa einem vollen Monatslohn.

Firma Kurtz in Schwäbisch Gmünd

Mit Unterstützung von Adolf Rapp (Adolf Rapp KG Schwäbisch Gmünd) wurde bereits ab 1946 eine weitere Fertigungsstätte aufgebaut. Dazu wurde eine Maschinenhalle der Firma Sommer in Schwäbisch Gmünd angemietet. Nach Auslaufen der Remontagen des Kalibers 59 wurden auch dort ab 1947/48 bis zur Verlagerung beider Produktionsstätten nach Bookholzberg-Hollen, (Ganderkesee) 1951 die neu entwickelten hochwertigen Armbanduhren der Kaliber 25 & 251 produziert. Diese Kaliber waren die ersten Uhren aus deutscher Produktion, die mit einer Breguetspirale, gepressten Chatons und einer Schraubenunruh auf den Markt kamen. Dr. Kurtz unterzog seine Uhren zur Qualitätssicherung einem 14-tägigem, damit sehr zeitaufwendigen und auch teuren Prüfverfahren.

Bisher bekannte Zifferblattsignaturen der Firma Kurtz

Kurtz Signaturen HAU.jpg

Es existieren Uhren mit unterschiedlichen Signets auf den Zifferblättern. Für die HAU Kaliber 25 & 251 das Tutima Signet darunter der Schriftzug Glashütte, Glashütter DR. KURTZ Tradition, Kurtz Glashütter Tradition, sowie für DAU der Kaliber 12/5 ¼’’’ und 121/5 ¼’’’ Kurtz, Glashütte Tradition, Glashütter Tradition. Für die erst an der neuen Produktionsstätte in Bookholzberg-Hollen (Ganderkesee) entwickelte und hergestellte DAU N570/5 ¼’’’ ist noch die Signatur Dilekta bekannt.

Kurtz Signaturen DAU.jpg

Ob noch weitere Signaturen Verwendung fanden ist bisher nicht bekannt. Die hochwertigen Werke der Firma Kurtz wurden u. a. auch in Uhren der Firmen Arctos Uhrenfabrik Philipp Weber Pforzheim (von 1932-1945 Teilhaber der UROFA AG Glashütte) und Adolf Rapp KG Schwäbisch Gmünd verbaut.

Arctos Signaturen HAU.jpg

1951 Verlagerung beider Produktionsstätten nach Bookholzberg-Hollen (Ganderkesee), heute Landkreis Oldenburg

1948, kurze Zeit nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland und der Währungsreform mit den 40 DM „Startgeld“ pro Person, stand es mit den Chancen für einen profitablen Absatz der, im Verhältnis zu den damals gezahlten Löhnen, doch recht teuren Uhren der Firma Kurtz nicht zum Besten. Ob die Zusammenführung der beiden Betriebsteile 1951 und die mit der Konzentration der Produktion an nur einem Standort verbundene und angestrebte Kosteneffizienz der einzige Grund für die Wahl des neuen Standortes war, ist nur schwer nachvollziehbar. Immerhin waren alle wichtigen Kooperationspartner im süddeutschen Raum oder der Schweiz und nicht im strukturschwachen Norddeutschland ansässig. Für eine ohnehin nicht sehr kapitalkräftige Firma eine riskante, vielleicht zu riskante Entscheidung, des im hohen Maße für unbedingte Einhaltung von Effizienzkriterien bekannten Firmenchefs. Keine zwei Jahre nach dem Umzug musste dann auch 1953 die Produktion der Kaliber 25 & 251 eingestellt werden.

Der langsame Niedergang der Uhrenfabrikation Kurtz Glashütter Tradition

Nach dem Aus für die Kaliber 25 & 251 wurden in Ganderkesee bis Insolvenz der Firma Kurtz 1956 nur noch Damenuhren der Kaliber 12/5¼’’’ und 121/5¼’’’ gefertigt. Die Entwicklung eines neuen DAU Kalibers N570 wurde vom Mitarbeiter Walter Brenk ausgeführt und gelangte aber erst nach 1956 in den Vertrieb. Der erfahrene Mitarbeiter aus der UFAG, Werner Pohlan, übernahm 1956 den Rohwerke-Betrieb mit der neuen Firmenbezeichnung NUROFA, wobei das N für Norddeutschland stand. Der Mitarbeiter Dieter Delecate machte sich mit einer eigenen Großhandelsfirma selbstständig und vertrieb die Uhren der NUROFA. Von 1958 bis April 1959 wurden noch ca. 68.800 DAU N570 unter der Betriebsleitung von Roland Irrgang produziert, bevor dann Dr. Kurtz mit einem Teilhaber unter der Firmenbezeichnung „UROFA – R. Geist & Co.“ am 28.05.1959 noch einmal die Rohwerkeproduktion übernahm, die er allerdings mit dem alten Maschinenpark nur bis Anfang 1960 halten konnte. Danach musste auf die Produktion von Automatendrehteilen umgestellt werden, womit man dann den Betrieb noch einige Jahre über Wasser halten konnte.

Damit endete 1960 endgültig die Uhrenfabrikation der Firma des Dr. Ernst Kurtz.

Weiterführende Informationen

Literatur