Beobachtungsuhr / B-Uhren

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Beobachtungsuhr

Wempe Beobachtungsuhr nach Vorgaben des Reichsluftfahrtministeriums Fl. 23883
Beobachtungsuhr von A. Lange & Söhne / Glashütte i. Sa. Werkseite

Als Beobachtungsuhren, auch B-Uhren, Deckuhren oder Kapitänsuhr (in Bezug auf das Deck eines Schiffes) benannt, werden heute Armband- oder Taschenuhr- Chronometer mit anhaltbarer Sekunde zum genauen Einstellen der Uhrzeit klassifiziert.

Entstehungsgeschichte der Beobachtungsuhren

Beobachtungsuhren wurden sowohl für wissenschaftliche als auch für militärische Zwecke benötigt. Eine Differenzierung zwischen den beiden Anwendungsgebieten ist nur bedingt möglich.

Ein wesentlicher Aspekt ist die militärische Komponente. Die genaue Bestimmung der Position von Streitkräften erfordert besonders auf den Weltmeeren eine exakte Zeitbestimmung. Das englische Parlament erließ im letzten Regierungsjahr der Königin Anne Stuart eine Ausschreibung, welche demjenigen eine hohe Summe versprach, der eine praktikable Möglichkeit zur genauen Bestimmung der geographischen Länge auf hoher See und somit zu einer sicheren Navigation fand: den Act of the Queen Anne (Act of Parliament). Die englische Regierung gründete extra dazu eine Kommission („Board of Longitude“) und lobte ein zu dieser Zeit sehr hohes Preisgeld aus.

Als erste Beobachtungsuhren gelten also nach derzeitiger Defination die seetauglichen Uhren von John Harrison. Wegen der Lageempfindlichkeit des Hemmungssystems benötigen mechanische Uhren auf Schiffen spezielle Aufhängungen, welche in der Lage sind, die Schiffsbewegungen auszugleichen. Ferdinand Berthoud entwickelte um 1790 die „Seetaschenuhr“ in einem Tragegestell mit kardanischer Aufhängung.

Diese Uhren fanden in Form von Taschen- oder Armbanduhren Verwendung. Die Armbanduhren wurden üblicherweise mit Langriemen über der Montur getragen.

Die Uhrwerke waren sehr präzise gefertigt und waren in der Regel auf 16 - 22 Steine gelagert. Die Armbanduhren war sehr groß dimensioniert und zum Teil mit Feinregulierung und Stoßsicherung ausgestattet.

B-Uhren müssen einen amtlichen Gangschein besitzen; dazu unterliegen z. B. Glashütter B-Uhren u.a. einer ‘Großen Prüfung’ (Gang- und Temperatur- sowie Lageverhalten), die 60 Tage dauert (Chronometerzertifikat) , und einer ‘Kleinen Prüfung’ von 12 Tagen.

Flieger-Beobachtungsuhren im zweiten Weltkrieg

Auf Basis der vom Reichsluftfahrtministerium in der Fl. 23883 formulierten Anforderungen an Beobachtungsuhren für die Deutsche Luftwaffe, wurden 1940 verschiedene Hersteller per Beschluss in die Pflicht genommen, die Produktion nach strengen Vorgaben aufzunehmen.

In den Kriegsjahren waren es die folgenden Hersteller, die Flieger-Beobachtungsuhren produzierten:

  • IWC, Schaffhausen
  • Stowa, Engelsbrand
  • Wempe, Glashütte
  • Lange & Söhne, Glashütte
  • Laco, Pforzheim

Oftmals wird überliefert, dass die historischen Flieger-Beobachtungsuhren von Piloten getragen wurden. Das ist schlicht falsch: Es waren die Navigatoren an Bord, die in Kombination mit einem Oktanten (Winkelmesser) die genaue Position des Flugzeugs bestimmen konnten. Die Piloten selbst trugen i.d.R. Chronographen, z.B. von Hanhart oder Tutima, als Reserve falls eine Borduhr ausfallen sollte.

Beobachtungsuhren hatten einige typische Merkmale: Die exakten Vorgaben der B-Uhren gemäß Bauanweisung Fl. 23883 des Reichsluftfahrtministerium (RLM) sahen z.B. einen riesigen Durchmesser von 55mm und eine große zwiebeförmige Krone vor, damit die Navigatoren die Uhren auch mit Handschuhen bedienen konnten. Bei den Flieger-Beobachtungsuhren gibt es zwei Baumuster: Das Baumuster A hatte statt der arabischen „12“ ein Dreieck mit zwei Punkten. Dies ist auch beim Baumuster B der Fall, nur dass statt der arabischen Zahlen 1 bis 11 die Sekunden in 5er Schritten aufgedruckt sind. Die klassische Stunden-Einteilung von 1 bis 12 wiederum befindet sich in einem zusätzlichen Innenring.

Die Nummer der Bauanweisung (Fl 23883) befindet sich bei den historischen Beobachtungsuhren am Rand des Gehäuses sowie auf dem Boden eingraviert. Auch Hersteller, Bauart, Gerät-Nr. und Werk-Bezeichnung fanden auf dem Stahlboden Platz.

Die bekanntesten Hersteller waren die Firmen:


Bei den Armbandchronographen waren es die Herstellerfirmen: UROFA Glashütte mit dem Kaliber Urofa 59
sowie Hanhart und wenige Minerva.

Ungefähre Produktionszahlen der B-Uhren Werke und Armbanduhrchronographen nach derzeitigem Erkenntnisstand

  • Lange 48: 5975 plus einer Nachkriegsproduktion von 3348
  • Lange 48.1: 6904 plus einer Nachkriegsproduktion von 970 (von der Gesamtzahl sind 968 Stück Taschenuhren)
  • Durowe D5: unklar, bekannte Werknummern beginnen im tausender Bereich und gehen hoch bis über 17.000
  • IWC 52T H6 SC: ~ 1.200, davon wurden 200 an die Royal Navy geliefert
  • Unitas 2812: 6573


  • Urofa 59: ~ 30.000
  • Hanhart 40: Eindrücker-Chronograph (Entwicklung 1938); noch nicht bekannt
  • Hanhart 41: Zweidrücker-Chronograph (Entwicklung 1939); noch nicht bekannt


Es gab Großuhren, die als B-Uhren gelten können und mit ins Feld genommen wurden, etwa verbaut in Holzgehäuse für Funker o. Nachrichtendienste. (Bsp. Chelsea Watch & Co. Boston.)

Für Schulen und öffentliche Gebäude waren solche Uhren in Gebrauch, meist als Mutteruhren, die noch Nebenuhren steuern konnten, teilweise noch mit Signalsteuerung.
Markennamen dafür waren: Riefler, Siemens ,T u. N, Bürk, Lenzkirch.

Navigations-Beobachtungsuhren für die Luftwaffe

Literatur

  • Die Kunst mit Pendel- und Taschenuhren umzugehen und sie zu reguliren: nebst einem Anhang über die Regeln, Vergleichungen, Berechnungen u.s.w., welche man beim Gebrauch der astronomischen Uhren anzuwenden und was man sonst dabei zu beobachten hat. Verlag Technik, Berlin 1989, ISBN 978-3341007419 (Rep. d. Aus. "L'art de conduire et de régler les pendules et les montres", Ilmenau 1828)

Weiterführende Informationen




Quellennachweis